Lieber Herr Do,

wenn es um das Thema Feminismus ging, hatte bisher meist Emma-Gründerin Alice Schwarzer das letzte Wort: „Ich habe keine Bedenken gegen frauliche Entblößung, wenn es um die Ellbogen geht“, ist so ein typischer Satz der lebenden Legende der Frauenrechtsbewegung.

Längst aber gibt heute eine junge Wilde den Ton an, wenn es um die Deutungshoheit des neuen Feminismus in Deutschland geht. Und das SZ-Magazin widmete gerade erst „der lautesten Stimme“ dieser Bewegung ein großes und sehr lesenswertes Titelporträt: Margarete Stokowski, 33 Jahre jung, 1,59 Meter groß, heterosexuell. Für viele – vor allem junge, urbane, akademische und linksliberale Frauen – eine Heldin. Für einige Tausend andere, „die eher männlich, konservativ, festangestellt und jenseits der 50 sind,“ schlicht der Teufel.

Ihre gesellschaftspolitische Kolumne auf Spiegel Online wird bis zu einer Million Mal geklickt, auf Twitter hat sie 70.000 Follower, und ihre Bücher verkaufen sich wie geschnitten Brot. Nach eigener Auskunft erhält sie täglich mehr als zehn Anfragen für Interviews, Lesungen und Podiumsdiskussionen. Das ist aber nicht das Einzige, was Stokowski bekommt. Von ihren „Hatern“ erhält sie nicht nur in schlechter Regelmäßigkeit justiziable Beschimpfungen (manch einer wünscht ihr, sie möge „in einem Transgenderklo ertrinken“, andere träumen von einer Massenvergewaltigung durch eine Gruppe Araber), sondern neben den täglichen Morddrohungen per Mail („Du Schlampe gehörst erschossen!“) auch Penisfotos oder schon mal einen Vibrator zugesandt.

Dass Margarete Stokowski polarisiert, ist vermutlich stark untertrieben. Dass die 33-jährige Berlinerin polnischer Abstammung aber selbst kräftig austeilen kann, bewies sie übrigens auch schon mal bei einer Blattkritik des Playboy. Die Relaunch-Ausgabe 01/2017 fand sie „doof“ und Playboy grundsätzlich „verklemmt“. Was ihr darüber hinaus ganz und gar nicht gefiel am neuen Playboy, sehen Sie hier im Video-Interview bei Deutschlandradio Kultur.

Und auch wenn der Feminsimus heute nach Ansicht des SZ-Magazin-Autors Tobias Haberl „mindestens so zersplittert ist wie der Rest der Gesellschaft“, nämlich in „ökologische Feministinnen, antikapitalistische Feministinnen, vegane Feministinnen, nationalistische Feministinnen, muslimische Feministinnen, lesbische Feministinnen“ oder „theoretische Feministinnen“ – und auch wenn Alice Schwarzer schimpft, sie brauche keine Erbin, sie lebe ja noch, „und Stokowski solle nicht so tun, als habe sie das Rad neu erfunden“: Margarete Stokowski ist eine großartige Autorin. Oder wie es der SZ-Autor schreibt: „Man muss ihr in keinem Punkt zustimmen, um sie bis zur letzten Zeile lesen zu wollen.“

Ich wünsche Ihnen eine unterhaltsame Woche,

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