Noch 8 Wochen bis zur US-Wahl
iomb_np
Was jetzt, America?
Der wöchentliche Überblick zur US-Wahl
von Johanna Roth
Auslandskorrespondentin in Washington, D. C.

Good morning! Donald Trumps Angestellte benehmen sich daneben, Kamala Harris schüttelt Hände, und Joe Biden war einfach mal zwei Wochen am Strand: Nach dem Drama der ersten Monate ist der Wahlkampf nun in ein verspätetes Sommerloch gefallen. Die US-Expertinnen fassen Ihnen die wichtigsten Ereignisse der Woche zusammen. Folge acht erreicht Sie aus Washington, D.C.

Noch acht Wochen bis zur Wahl

Was mich immer wieder fasziniert: Welche Bedeutung das Militär in der US-amerikanischen Gesellschaft hat. Ehrerbietung gegenüber Soldatinnen und Veteranen ist für Republikaner wie Demokraten selbstverständlich. "Thank you for your service", sagt man, wenn man einem begegnet. Bei Fluggesellschaften, im Baumarkt und sogar bei Apple bekommen Angehörige des Militärs Rabatt.  

Donald Trump könnte es also Stimmen gekostet haben, dass seine Angestellten gegenüber einer Mitarbeiterin des Soldatenfriedhofs Arlington handgreiflich wurden. Sie hatte sie darauf hingewiesen, dass dort keine Wahlkampffotos gemacht werden dürfen. "Amerika hat keine Staatsreligion, aber es gibt ein paar Dinge in unserem Land, die die große Mehrheit der Amerikaner als heilig betrachtet. Wenn der Tod im Gefecht als das ultimative zivile Opfer gilt, dann ist Arlington unsere Kathedrale", schreibt der Politico-Autor und Kriegsveteran Ben Kesling in diesem Text.  

Die Frau entschied sich gegen eine Anzeige. Damit rutscht der Wahlkampf wieder in sein verspätetes Sommerloch, das sich nach dem Drama der zurückliegenden Monate umso merkwürdiger anfühlt. Joe Biden verschwand zwei Wochen lang in den Strandurlaub, ohne dass man seine Abwesenheit groß bemerkt hätte. Kamala Harris, Tim Walz und ihre jeweiligen Partner reisen händeschüttelnd durchs Land. Und wir anderen genießen es, mal durchatmen zu können. Turbulent wird es früh genug wieder.  Ein schönes Wochenende! 

Meine drei Texte der Woche

Diese Woche stand bei uns ganz im Zeichen der Wahlen in Thüringen und Sachsen. Ich empfehle Ihnen daher drei zeitlose Texte zum US-Wahlkampf:

Wie genau wählen die USA, und was sind noch mal Swing-States? In diesem FAQ beantworten wir Ihnen die wichtigsten Fragen über das Wahlsystem in den USA. → Zum Artikel
Evangelikale Christen gelten als treue Wähler Donald Trumps. Mein Kollege Julian Heißler hat einen Pastor getroffen, der sie dennoch davon überzeugen will, Kamala Harris zu wählen. → Zum Artikel
Tim Walz ist männlich, weiß, und er spricht eine Sprache, die seine Partei verlernt hat: die Sprache der Arbeiter. In diesem Stück erklären meine Kolleginnen Amrai Coen und Kerstin Kohlenberg und ich die Transformation der Demokraten – und ob diese reichen könnte, um Donald Trump zu schlagen. → Zum Artikel
Wer sagt denn sowas?

"I'm not going to apologize for posting a joke."

a) J. D. Vance
b) Donald Trump
c) Tucker Carlson

Aus meinem Terminkalender

  • Montag, 9. September: Die Plädoyers im zweiten Verfahren gegen Hunter Biden werden verlesen. Der Sohn des Präsidenten soll rund 1,4 Millionen Dollar Steuern hinterzogen haben. 

  • Dienstag, 10. September: Das erste TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump steht an. Die Ex-Staatsanwältin gegen den verurteilten Verbrecher: Das verspricht spannend zu werden. 

  • Mittwoch, 11. September: Die Terroranschläge jähren sich zum 23. Mal. Der Prozess gegen die mutmaßlichen Hintermänner in Guantánamo hat bis heute nicht begonnen.

Wollen Sie uns hören?

In dieser Folge von Ist das eine Blase? diskutieren meine Kollegen Jens Tönnesmann und Zacharias Zacharakis über die sich wirtschaftlich abgehängt fühlenden US-Amerikaner – und wie diese Wählergruppe erreicht werden könnte. Und in dieser Folge von OK, America? sprechen meine Kollegen Rieke Havertz und Klaus Brinkbäumer über Kamal Harris' erstes TV-Interview und Trumps Vorschlag, die Steuern auf Trinkgelder zu erlassen.

Das Bild der Woche

Meine Kollegin Tina Ahrens ist die Chefin der Bilder von ZEIT ONLINE. An dieser Stelle schreibt sie jede Woche über ein Foto, das sie besonders bewegt hat.

© Quinn Glabicki/Reuters

"So energiegeladen hat man Präsident Biden selten in letzter Zeit gesehen. Aufgenommen wurde das Bild vor drei Tagen von Quinn Glabicki in Pittsburgh, Pennsylvania, bei einer Labor-Day-Wahlkampfveranstaltung von Biden und Harris. Beide sprachen dort zu Gewerkschaftsmitgliedern. Der Grund seines Strahlens? Vielleicht sein zweiwöchiger Sommerurlaub. Biden hatte zuvor sechs Tage auf einer 8.000-Hektar-Ranch eines Techentrepreneurs im kalifornischen Santa Ynez verbracht und danach eine Woche in seinem Strandhaus in Rehoboth Beach in Delaware. Der rechte TV-Sender Fox News brauchte deshalb auch nicht lange, um ihn einen 'lahmen Präsidenten' zu nennen, 'der seine Urlaubszeit überstrapaziert, obwohl er eigentlich die freie Welt anführen sollte'. Aber recht machen kann er es dem rechten Lager aber eh nicht. Entweder ist er ihnen zu müde oder er übertreibt es mit dem Urlaub. Zum Glück wird er seine Auszeiten bald vor niemandem mehr rechtfertigen müssen.”

Und sonst so?

Was müssen Sie diese Woche sonst noch gesehen, gelesen, angeschaut haben?

Es klingt völlig gaga: "Minion Jesus". Das Meme eines der kleinen gelben Plappermäuler, wie es samt Dornenkrone am Kreuz hängt, kursiert seit Monaten unter US-Nutzern bei TikTok. Aber warum? Die Vox-Reporterin Laura Bullard hat herausgefunden, woher das Bild stammt und was dahintersteckt: eine ebenso spannende wie verstörende Recherche zur religiösen Rechten – zu hören im Vox-Podcast Today, Explained.

Das war die achte Spezialausgabe unseres Was-jetzt?-Newsletters zur US-Wahl 2024. Sie erscheint jeden Freitag zusätzlich zum Morgenüberblick und wird geschrieben von Amrai Coen, Marcus Gatzke, Rieke Havertz, Carsten Luther, Johanna Roth, Anna Sauerbrey und Fiona Weber-Steinhaus. Die Vorrecherche und nächtliche Produktion hat Katharina Meyer zu Eppendorf in New Orleans im US-Bundesstaat Louisana übernommen. 

Haben Sie Diskussionsbedarf, hat Sie etwas geärgert, fanden Sie etwas toll? Hier können Sie uns Feedback schicken.