Warum René Benko verhaftet wurde
● E-Auto-Hilfe aus Brüssel |
● Pavian-Paschas unter Druck |
|
Liebe Leserin, lieber Leser, manchmal muss auch ich erst mal Luft holen. Das Blutbad in Aschaffenburg am Mittwoch war so ein Fall. Wieder zwei Tote und mehrere Schwerverletzte. Wieder ein Afghane mit einem Messer. Wieder jemand, der schon mehrfach durch Gewalttaten aufgefallen war, seit er 2023 hier erfolglos Asyl beantragt hatte. Und wieder ein Mann, der eigentlich schon zum Jahreswechsel hätte ausreisen müssen. So dämmerte der Mittwoch dahin mit den eingespielten Betroffenheitsritualen der Bundespolitik. Schweigeminuten. Kerzen. Kränze. War der Bundespräsident schon da? Mir fiel dazu nichts mehr ein. Dann kam der Donnerstag. Und Friedrich Merz brach das ermattete Schweigen mit einem endlich mal kühnen Vorstoß. Wenn er zum Kanzler gewählt werden sollte, werde es „ein faktisches Einreiseverbot geben“. Mit im Paket: „ausnahmslose“ Zurückweisungen aller, die illegal einzureisen versuchen. Wer keine Dokumente vorweisen kann, bleibe draußen. Auch wer aus einem anderen EU-Land komme, habe kein Einreiserecht mehr. Das Dublin-Abkommen scheint damit aufgekündigt. Die EU-Regeln seien „erkennbar dysfunktional“. Und nur, wer da mitgehe, so Merz, könne nach der Wahl mit ihm als Regierungschef eine Koalition bilden. Es ist das Machtwort eines künftigen Kanzlers, denn der noch amtierende hat keine Kraft und Unterstützung mehr, noch irgendwas anzuordnen. Zudem fehlt es Olaf Scholz schlicht an Glaubwürdigkeit. Seinem Versprechen von 2023, „endlich im großen Stil“ abzuschieben, folgte – fast nichts. Merz dagegen war gestern gar nicht mehr zu bremsen: Ausreisepflichtige dürften sich nicht mehr frei im Land bewegen. Die Zahl der Plätze für den Abschiebegewahrsam müsste rasch und deutlich erhöht werden … |
|
| Die Stille nach dem Tod: Kranzniederlegung in Aschaffenburg (© imago) |
|
Das sei ja alles nicht so einfach, mahnten die Grünen so überrumpelt wie matt. Man müsse erstmal europarechtlich prüfen und überhaupt. Stimmt womöglich. Und vielleicht wird Merz sich an manchen Stellen ins juristische Abseits manövrieren. Aber endlich ist da mal jemand, der wirklich was ändern will. Anders als etwa die grüne Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Bei „Hart aber fair“ meinte sie jüngst, Migration habe „mit dem Alltag der Menschen verdammt wenig zu tun“. Und die unvermeidliche SPD-Chefin Saskia Esken erklärte, die Politik solle „nicht zu viel über das Thema Migration sprechen, weil das eben als Problem empfunden wird“. Ach, echt? Viele empfinden es vor allem als Problem, wenn jemand Menschen ersticht, totfährt, vergewaltigt etc. Man tut sowas nicht. So einfach ist das. Und wer es doch tut, gehört entweder in Haft oder weg, weil er unsere Gastfreundschaft missbraucht. Und genau so einfach ist: Willkommen bleiben all jene, die ein Teil unserer Gesellschaft werden wollen! Die breite Blutspur aber, die sich durchs Land zieht, reicht inzwischen vom Massaker am Breitscheidplatz in Berlin 2016 bis Mannheim, Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg. Insofern war der Widerspruch überschaubar, als Merz gestern klarstellte: „Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer seit zehn Jahren fehlgeleiteten Einwanderungspolitik.“ Der bislang eher bräsig dahin dösende Wahlkampf hat plötzlich nur noch einen ernstzunehmenden Kanzlerkandidaten – und drei Hauptthemen: Migration, Migration, Migration. Merz muss jetzt nur noch eines: liefern.
Wie erleben Sie den Merz-Moment? Schreiben Sie mir an: [email protected] |
|
| „Dem ganzen Planeten wird es besser gehen“, versprach Donald Trump bei seiner Video-Schalte nach Davos (© dpa) |
|
US-Präsident attackiert Europa und ködert Unternehmen |
|
Er war zwar nur per Video zugeschaltet. Trotzdem dominierte Donald Trump am Donnerstag natürlich auch das Weltwirtschaftsforum in Davos. Der neue US-Präsident holte zum Rundumschlag aus: „Ich liebe Europa, ich liebe die europäischen Länder. Aber sie behandeln uns mies!“ Die Kunden hierzulande kauften zu wenig landwirtschaftliche Erzeugnisse und Autos aus den USA. Die Einführung neuer Produkte sei schwierig, und die Genehmigungsfristen seien lang. Zugleich appellierte er in seiner rund 20-minütigen Rede an Unternehmer: „Kommen Sie und produzieren Sie Ihre Produkte in den USA!" Es werde keinen Ort auf der Welt geben, der besser sei für die Schaffung von Arbeitsplätzen und den Bau von Fabriken. Und er kündigte die „größte Steuersenkung in der Geschichte der USA“ an.
Wer dem Lockruf nicht folge, müsse eben mit höheren Zöllen rechnen, die Trump allerdings auch in Davos für die EU noch nicht konkretisieren wollte. Klar sei aber: „Dem ganzen Planeten“ werde es mit ihm „besser gehen“. |
|
Airbus-Rivale Boeing kündigt einen unerwartet hohen Verlust an. Rund drei Mrd. Euro muss der Konzern offenbar fürs abgelaufene Quartal abschreiben in den Bereichen Rüstung und Passagierflugzeuge. Erst am Montag hatte US-Präsident Donald Trump ein Dekret unterzeichnet, das die US-Staatsbürgerschaft per Geburt abschaffen soll. Jetzt hat ein Richter in Seattle die Anordnung auf Eis gelegt. Sie verstoße gegen die Verfassung. Irland und Schottland haben wegen eines zerstörerischen Sturms teils die höchste Warnstufe ausgerufen. Der scheidende irische Premier Simon Harris warnte vor extremer Lebensgefahr. Mit Windgeschwindigkeiten von 130 km/h soll „Éowyn“ heute die Küsten erreichen. | |
|
| Ver.di-Streik: Beim letzten Abschluss erkämpfte die Gewerkschaft ein Plus von 11,5 Prozent (© dpa) |
|
Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst starten |
|
In Potsdam beginnen heute die Tarifverhandlungen für die rund 2,6 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Ver.di und Beamtenbund (dbb) wollen acht Prozent mehr Geld, mindestens jedoch ein 350-Euro-Plus pro Monat. Azubis sollen 200 Euro mehr bekommen. Außerdem fordern die Gewerkschaften drei zusätzliche freie Tage sowie einen weiteren Extra-Tag für Gewerkschaftsmitglieder. Der neue Tarifvertrag soll für zwölf Monate gelten. Der Abschluss im öffentlichen Dienst gilt für zahlreiche Berufszweige, darunter Erzieher, Kranken- und Altenpfleger, Feuerwehrleute, Busfahrer, Förster oder Ärzte.Der Bund und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sehen angesichts der angespannten Haushaltslage eher einen Abschluss auf dem Niveau der Inflation. Für 2025 gehen die Wirtschaftsweisen von einer Teuerungsrate von 2,1 Prozent aus. Derzeit sind drei Tarifrunden angesetzt, die letzte für den 14. bis 16. März. Dann soll eine Einigung stehen. Allerdings sind die Hürden hoch. Laut VKA entsprechen die Tarifforderungen einschließlich des Sockelbetrags von 350 Euro einem Aufschlag von insgesamt zehn Prozent mit einem Gesamt-Volumen 14,88 Milliarden – alleine für die kommunalen Arbeitgeber. Viele Kommunen und kommunale Einrichtungen kämen bereits jetzt „an die Grenze des finanziell Leistbaren“, warnt VKA-Präsidentin Karin Welge, Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen. |
|
| Moderner Ladepark in Zusmarshausen (© Michael Richter) |
|
Brüssel plant Hilfen für Stromer |
|
Im Kampf gegen schleppende Absatzzahlen bei E-Autos will die EU der Branche jetzt helfen. Man arbeite an einem europaweiten Anreizprogramm für Stromer, um die Verkäufe anzukurbeln, sagte die EU-Vizepräsidentin für grüne Transformation, Teresa Ribera, der „Financial Times“. Die entsprechenden Details würden derzeit ausgearbeitet. Der Umstieg von Verbrennern zu E-Autos ist zuletzt europaweit ins Stocken geraten. Allein von Januar bis November waren die Verkäufe von Stromern in der EU um gut fünf Prozent zurückgegangen. In Deutschland brachen die Verkäufe 2024 nach dem überraschenden Förder-Aus Ende 2023 um über ein Viertel ein. Zusätzlich verschärft wird die Lage ab diesem Jahr durch drohende Milliardenzahlungen für die Hersteller,wenn sie die EU-Vorgaben zum durchschnittlichen CO2-Ausstoß (Flottengrenzwert) nicht einhalten. Angesichts der möglichen Bußgelder wächst in Brüssel der Widerstand. „Es kann nicht sein, dass den europäischen Autobauern in dieser kapitalintensiven Transformationsphase Liquidität entzogen wird“, sagte der Europa-Abgeordnete Markus Ferber (CSU) gegenüber FOCUS. |
|
47,5 Prozent des Strommixes in der Europäischen Union kommt mittlerweile aus erneuerbaren Energien. Der Anteil fossiler Energien ist damit auf einem Allzeittief. Das geht aus einer Analyse der Denkfabrik Ember für das Jahr 2024 hervor. |
|
| Schwer im Stress: Alpha-Paviane müssen permanent alle Weibchen im Blick behalten (© dpa) |
|
Paviane: Paschas unter Druck |
|
Alphamännchen mögen die Bosse auf dem Affenfelsen sein und über die meisten Weibchen gebieten. Doch sie zahlen dafür einen hohen Preis: Sie weisen ein erhöhtes Stresshormon-Level auf, ergrauen rascher und sterben früher. Ein Studie unter Leitung der Verhaltensforscherin Susan Alberts von der amerikanischen Duke University an wilden Pavianen in Kenia zeigt nun die überraschende Ursache für die Stressbelastung der Affenpaschas. Es sind nicht etwa Kämpfe mit anderen Männchen, denn von denen werden sie meist ängstlich respektiert. Ihr Harem erfordert allzu große Aufmerksamkeit. Alle Weibchen zu überwachen, die gerade empfängnisbereit sind, raubt ihnen so viel Zeit, dass sie kaum zum Essen kommen. Messungen eines Schilddrüsenhormons zeigten, dass die Alphatiere mehr Kalorien verbrennen, als sie aufnehmen. „Ständig werden sie unterbrochen“, sagt Alberts. „Kaum haben sie einen leckeren Bissen gefunden, läuft ein Weibchen weg, und sie müssen hinterher.“ |
|
Gewinner: Die deutsche Produktion „Die Saat des Feigenbaums” ist für den Oscar nominiert. Der Film des in Deutschland im Exil lebenden iranischen Regisseurs Mohammad Rasulof, 52, geht in in der Kategorie „Bester internationaler Spielfilm” ins Rennen um die begehrte Trophäe. Die 97. Oscarverleihung soll am 2. März stattfinden. Die Bekanntgabe der Nominierungen hatte sich wegen der Feuer in Los Angeles bereits um eine Woche verzögert. | |
Verlierer: Das war's wohl erst mal für René Benko, 47. Der Immobilien-Pleitier wurde gestern in seiner Innsbrucker Villa verhaftet. Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) erklärte, Benko habe wesentliche Vermögenswerte verschleiert und damit dem Zugriff des Insolvenzverwalters und der Gläubiger entzogen. 2023 waren die von Benko gegründete Signa-Holding und einige Tochtergesellschaften nacheinander insolvent gegangen. | |
|
… noch eine letzte Bemerkung zu Friedrich Merz. Der Unions-Kanzlerkandidat will lieber mit seiner AfD-Konkurrentin Alice Weidel im TV streiten als mit Olaf Scholz, sagte er am Mittwoch. Prompt fiel ein Teil der Republik wieder über ihn her: Wie kann er nur? Kumpanei mit Rechtsextremen? Das Gegenteil ist der Fall. Wer Populisten entzaubern will, muss sie stellen – mit Fakten und Lösungsangeboten (siehe oben). Merz weiß, dass die AfD nur so stark werden konnte, weil das demokratische Establishment die Migrationsprobleme nicht wahrhaben wollte. Und dass man dieser AfD nicht mit larmoyanten Brandmauer-Schwüren beikommt oder gar der Beschimpfung ihrer Wähler, die immerhin 20 Prozent der Stimmen ausmachen. | | Will „die Fetzen fliegen“ lassen: Unions-Kanzlerkandidat Merz (© dpa) | Wer um die nicht kämpfen will, handelt undemokratisch, respektlos und auch feige. Ein TV-Duell mit Alice Weidel beschädigt die Demokratie nicht, es stärkt sie. Er werde „die Fetzen fliegen“ lassen, kündigte Merz an. Nur zu! Ich wünsche Ihnen ein „fetziges“ Wochenende. Am Montag begrüßt Sie hier wieder meine Kollegin Tanit Koch. Herzlichst
| | Thomas Tuma |
|
| © 2025 BurdaVerlag Publishing GmbH |
https://mailings.focus-magazin.de/go/njd7e7ptumjqol3v2acxms765g938l0cwdhs8o0402nc/33