Liebe Frau Do, heute ist es wieder so weit: Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten beraten über weitere Lockerungen der Corona-Einschränkungen. Und es sieht alles danach aus, dass die Bundesliga am 15. Mai wieder starten darf, wie Gianni Costa, Gregor Mayntz und Maximilian Plück recherchiert haben. An diesem Freitag wollen die 36 Profiklubs dann ihren Fahrplan festlegen. Allerdings bleibt das Thema umstritten. „Es kann nicht sein, dass die Wiederöffnung der Bundesliga mehr öffentliche Aufmerksamkeit erhält als Eltern und Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf“, moniert etwa die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU). Doch die Ministerpräsidenten verknüpfen den sozialen Frieden eher mit Fußball, Einzelhandel und Gastronomie. Ohnehin sind die Länder längst nicht mehr einheitlich unterwegs, wie Kirsten Bialdiga, Eva Quadbeck und Maximilian Plück zusammengetragen haben. In unserem politischen System ist fehlende Einheitlichkeit allerdings kein Problem, sondern Programm. Das gilt auch für Parteien und deren inneres Gefüge. Gerade die Grünen haben stets unterschiedliche Positionen geduldet, der Flügelkampf zwischen Fundis und Realos tobte über viele Jahre. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer hat die Parteispitze aber jetzt so vehement gegen sich aufgebracht, dass selbst ein Ausschlussverfahren möglich erscheint. Stein des Anstoßes war ein Satz, für den er sich entschuldigt hat: „Wir retten möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären.“ Unser Berliner Korrespondent Holger Möhle hat den Fall recherchiert. Grünen-Chef Robert Habeck nannte die Äußerung „falsch und herzlos“, was eindeutig zutrifft. Und Palmer hat es der Parteispitze schon öfter schwer gemacht. Trotzdem erkenne ich in deren Reaktion eine bestürzende Maßlosigkeit. Um das richtige Maß geht es auch in der Corona-Bekämpfung. Was das Immunsystem damit zu tun hat, schildert Professor Lothar Rink, Chef-Immunologe an der Uniklinik RWTH in Aachen, in einem Interview, das Jörg Isringhaus geführt hat. Es geht darin auch um das richtige Maß beim Sport, ums Rauchen, gesundes Essen und Zink. Seine wichtigste Erkenntnis ist allerdings einfach: „Glückliche Menschen werden weniger krank.“ Glück gibt es auch in der Politik. Unsere Berliner Korrespondentin Kristina Dunz sieht in den Erfolgen der Corona-Politik ein gutes Vorzeichen für die turnusgemäße deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli startet und bis zum Jahresende dauert. Schon vor der Pandemie galten diese sechs Monate als die Chance der Bundeskanzlerin, ihren letzten großen außenpolitischen Akkord zu setzen. Jetzt wird es um die Post-Corona-Gesellschaft gehen. Wie wollen wir leben, wenn das Virus besiegt ist? Eine bedeutendere politische Frage, die von Klimaschutz bis Digitalisierung reicht, gibt es aktuell nicht. Es ist im Großen wie im Kleinen. Viele von Ihnen haben in der Krise Gewohnheiten entwickelt, die Ihnen gut tun. Sie treiben Sport, lesen mehr oder essen gesünder. Vielleicht gönnen Sie sich auch mehr Ruhe oder belohnen sich mit einem Stück Schokolade. Lassen Sie uns dankbar für diese Erfahrungen sein – das hilft sicher auch dem Immunsystem. Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |