Warum der Ölpreis auf hohem Niveau bleibt! Liebe Leserin, lieber Leser, der eher schwachen Entwicklung der Weltkonjunktur und den sich eintrübenden Aussichten in vielen Regionen zum Trotz, legte der Ölpreis seit Anfang Juli kräftig zu. Es ist ja nicht nur Deutschland, das mit schwachen Wirtschaftszahlen von sich reden macht, auch die Konjunkturentwicklung in China enttäuscht – und Ostasien ist für die Nachfrage nach Öl sehr viel bedeutender als Europa. Dafür hält sich aber die US-Wirtschaft überraschend gut, von der befürchteten Rezession ist bislang wenig zu sehen. Doch die Nachfrage ist ja nur eine Seite der Medaille, die Entwicklung beim Angebot ist ebenso wichtig für den Ölpreis. Und hier sind die OPEC-Staaten weiterhin dabei, das Angebot zu drosseln. Die Entschlossenheit scheint groß, denn Anfang Juni wurden schon für 2024 Produktionskürzungen beschlossen. Vor allem Saudi-Arabien ist hier die treibende Kraft und hat sich selbst zusätzlich freiwillige Kürzungen auferlegt, die bereits wirken und vor kurzem bis September verlängert wurden. Russland hat ebenfalls eine Drosselung der Produktion in Aussicht gestellt. Das Angebot an Erdöl nimmt ab Die Internationale Energieagentur IEA sowie die OPEC selbst prognostizieren daher für die zweite Jahreshälfte eine Unterversorgung am Ölmarkt, das Defizit dürfte bei 2,0 bis 2,5 Millionen Barrel pro Tag liegen. Offenbar stellt sich die OPEC damit auf einen Rückgang der Nachfrage infolge einer Abschwächung der Weltkonjunktur ein. Erste Anzeichen dafür gibt es, so hat China im Mai und Juni deutlich über dem eigenen Bedarf Öl importiert, auch deswegen sind die Einfuhren im Juli auf den tiefsten Stand seit 6 Monaten gefallen. Die Produktion in den Nicht-OPEC-Staaten kann das zu erwartende Angebotsdefizit voraussichtlich nicht ausgleichen. Im wichtigsten Förderland außerhalb der OPEC, den USA, nimmt die Bohraktivität auch wegen der schwierigeren Kreditbedingungen immer weiter ab. Viele Projekte lohnen sich nicht mehr. All das hat dazu beigetragen, dem Ölpreis in den letzten Wochen Auftrieb zu geben. Allerdings ist der Brent-Öl-Future noch nicht aus der seit Jahresbeginn bestehenden Seitwärtsbewegung ausgebrochen:
Die von mir beschriebenen Einflüsse auf den Ölpreis wirken sich aber vor allem kurzfristig aus, Änderungen sind hier jederzeit möglich. So könnte die Nachfrage aufgrund der Schwäche der Weltkonjunktur stärker fallen als erwartet, was den Ölpreis wieder unter Druck setzen würde. Stabilisierend auf den Ölpreis wirkt auf der anderen Seite aber, dass viele Länder ihre in den letzten Jahren abgebauten strategischen Reserven noch nicht wieder vollständig aufgebaut haben. Im Gegenteil: Die Reserven der USA sind in der ersten Hälfte dieses Jahres sogar auf den tiefsten Stand seit 40 Jahren gefallen. Sollte der Ölpreis deutlich sinken, dann würden sicher nicht nur die USA das dazu nutzen, die Bestände wieder aufzufüllen. Jenseits dieser kurzfristigen Markteinflüsse werden aber Öl und Gas auch mittelfristig weiter benötigt. Selbst wenn in manchen Industrieländern der Bedarf sinkt, in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern steigt die Nachfrage eher. Das Angebot kann damit nicht Schritt halten, auch weil die Investitionen in bestehende und in neue Ölquellen abnehmen. Ölaktien-ETFs im Vergleich Das spricht dafür, dass der Ölpreis zumindest auf dem aktuellen Niveau bleibt. Die Aktien des Sektors dürften davon mittelfristig profitieren. Im kurz- und mittelfristig ausgerichteten „Lars Erichsen“-Depot meines Premium-Anlagemagazins „Rendite-Spezialisten“ setze ich daher auf aussichtsreiche Einzelaktien aus der Öl- und Gasbranche und werde das auch in Zukunft tun. Auf diese Weise ist eine Outperformance gegenüber dem Sektor möglich. Wer aber nicht auf Einzelaktien setzen kann oder möchte, für den sind ETFs eine Alternative. Auf den Öl- und Gassektor gibt es allerdings zahlreiche Indexfonds, teils mit unterschiedlicher Ausrichtung, teils mit regionalem Schwerpunkt, denn die Branche ist vielfältig. In ETFs, die allgemein auf den Energiesektor setzen, wie dem Xtrackers MSCI World Energy ETF (ISIN: IE00BM67HM91 | WKN: A113FF) dominieren die großen integrierten Ölkonzerne wie ExxonMobil, Chevron, Shell und Total, denn diese Unternehmen besitzen im Sektor die höchste Marktkapitalisierung. Die 10 größten Positionen im Xtrackers MSCI World Energy ETF: | Aktie (Land) | Gewicht in % | 1 | ExxonMobil (USA) | 16,91 | 2 | Chevron (USA) | 10,98 | 3 | Shell (GBR) | 7,84 | 4 | TotalEnergies (FRK) | 5,22 | 5 | ConocoPhillips (USA) | 4,88 | 6 | BP plc (GBR) | 3,96 | 7 | Enbridge (CAN) | 2,93 | 8 | Schlumberger (USA) | 2,69 | 9 | EOG Resources (USA) | 2,59 | 10 | Canadian Natural Res. (CAN) | 2,40 | | Summe | 60,40 |
Mit einem Anteil von 63 Prozent überwiegen zwar die US-Aktien in diesem ETF, in anderen Branchen-ETFs mit globaler Ausrichtung ist der US-Anteil aber teils noch höher. In den letzten Jahren zeigten US-Aktien im Durchschnitt relativ gesehen die bessere Performance. Das verdeutlicht auch der Chart-Vergleich mit dem iShares STOXX Europe 600 Oil & Gas ETF (ISIN: DE000A0H08M3 | WKN: A0H08M), der auf europäische Aktien aus dem Sektor fokussiert:
Der iShares STOXX Europe 600 Oil & Gas ETF entwickelte sich in den letzten Jahren zwar schwächer als die anderen beiden global orientierten ETFs, war auf der anderen Seite aber auch stabiler. Auf Sicht der letzten 12 Monate war die Performance aller drei ETFs allerdings ähnlich. Upstream und Downstream Der im Chart ebenfalls dargestellte iShares Oil & Gas Exploration & Production ETF ist stärker spezialisiert als die anderen beiden. Der dem ETF zugrundeliegende S&P Commodity Producers Oil & Gas Exploration & Production Index enthält nur die Aktien von Unternehmen, die in der Förderung von Öl und Gas weltweit tätig sind. Diese Tätigkeit wird als „Upstream“ bezeichnet, während das „Downstream“ näher am Konsumenten ist und z.B. das Raffinieren der Ölprodukte zu Benzin, Heizöl etc. sowie den Vertrieb beinhaltet. Große Ölkonzerne wie Exxon, Chevron oder Shell sind daher nicht in diesem ETF enthalten, denn deren Geschäft ist überwiegend NICHT dem Upstream zuzurechnen, sondern dem Verkauf und Vertrieb von Ölprodukten. Der ETF wird noch stärker als der Xtrackers MSCI World Energy ETF durch Aktien aus den USA dominiert (Anteil: 66%), mit Kanada zusammen liegt der Anteil Nordamerikas bei 85 Prozent. Das ist wenig verwunderlich, denn in beiden Ländern wird in großem Umfang Öl und Gas gefördert. Es gibt jede Menge größerer und auch kleinerer Öl- und Gasunternehmen. In Europa ist das nicht der Fall, die großen Ölkonzerne sind überwiegend in der Verarbeitung von Rohöl und im Vertrieb tätig. Der Anteil europäischer Aktien im ETF ist daher verschwindend gering. Darüber hinaus müssen Aktien an der Börse eines „developed market“ notiert sein, um in den Index aufgenommen zu werden. Aktien von Unternehmen z.B. aus China, Brasilien und anderen Schwellenländern sind daher nicht enthalten. In den letzten Jahren zeigte der iShares Oil & Gas Exploration & Production ETF zeitweise eine bessere Performance als der auf den gesamten Sektor setzende und von den großen Ölkonzernen dominierte Xtrackers MSCI World Energy ETF. Allerdings waren auch die Kursschwankungen stärker, wie der Chartvergleich zeigt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Gewinn von Unternehmen, die in der Produktion von Öl und Gas tätig sind, noch stärker von der Entwicklung der Preise für Öl und Gas abhängig ist als der von Unternehmen, die sich mehr mit dem Vertrieb an die Konsumenten beschäftigen. Ob der iShares Oil & Gas Exploration & Production ETF mit seinem hohen US-Anteil in Zukunft eine Outperformance zeigen kann, halte ich für fraglich, denn die Ölbranche in den USA erfährt zunehmend Gegenwind durch regulatorische Hindernisse und durch die gestiegenen Zinsen. In jedem Fall dürfte der ETF aber auch in Zukunft eine höhere Volatilität zeigen. Mein Fazit Fossile Brennstoffe werden zwar zunehmend von Erneuerbaren Energien ersetzt, aber angesichts des steigenden Energiebedarfs in den Schwellen- und Entwicklungsländern bleibt die Nachfrage nach Öl und Gas dennoch hoch, und steigt sogar. Das und das begrenzte Angebot ermöglichen den Unternehmen aus dem Sektor mittelfristig weiterhin das Erzielen hoher Gewinne, die nicht selten in Form von Dividenden an die Anleger ausgeschüttet werden. Der Xtrackers MSCI World Energy ETF bietet ein Investment in die gesamte Branche, wobei die großen integrierten Ölkonzerne den ETF dominieren. Der iShares STOXX Europe 600 Oil & Gas ETF ist eine Alternative, wenn man US-Aktien vermeiden will und an eine Outperformance europäischer Aktien in den nächsten Jahren glaubt. Allerdings ist hier die Klumpenbildung relativ groß, der Anteil von Shell am ETF beträgt allein 31 Prozent, zusammen mit BP und Total sind es etwa 60 Prozent.
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Herzliche Grüße und bis kommende Woche Dein Lars Erichsen Chefredakteur Rendite-Report www.rendite-report.de |