Dabei befindet sich der DAX in bester Gesellschaft, denn auch Dow Jones, S&P 500 oder die NASDAQ liegen am oder auf Allzeithoch. Doch was den DAX angeht, ist das weniger als die halbe Wahrheit. Ein Blick auf den Langfrist-Chart zeigt uns, dass der DAX im Jahr 2000 ein Allzeithoch bei rund 7.500 Punkten erreichte und es nach dem Platzen der Internetblase und des Terror-Anschläge vom 11. September 2001 bis 2008 dauerte, bis er dieses Niveau wieder erreichte. Die Finanzkrise schickte ihn erneut auf Talfahrt und kurz bevor er sich 2011 ein drittes Mal an diese Marke herangekämpft hatte, kam irgendwas in Asien dazwischen. Aber 2014 war es dann endlich soweit und der DAX überwand den scheinbar unüberwindlichen Widerstand bei 7.500 Punkten und klettert seitdem immer weiter in die Höhe. Trotz einiger heftiger Rückschläge hat er sich seitdem auf über 15.500 Punkte mehr als verdoppelt. Verglichen mit den amerikanischen Aktien-Indizes sind die DAX-Zugewinne Kleinkram und kaum erwähnenswert. Und dabei muss man leider auch noch berücksichtigen, dass die DAX-Performance auch noch kräftig geschönt ist. Denn der immer erwähnte DAX ist ein Performance-Index, während fast alle anderen Indizes der Welt als Kursindex erfasst werden. Der Unterschied liegt in der Behandlung der Dividenden. Beim Dow Jones, beim S&P 500 und all den anderen wird eine Dividende gezahlt und der Dividendenabschlag senkt den Kurs. Und somit auch den Aktien-Index, dem diese Aktie angehört. Nicht so beim Performance-DAX. Bei diesem wird ein Dividendenabschlag so behandelt, also würde die gesamte Dividende sofort wieder reinvestiert. Er weist also mit jeder Dividendenzahlung eines seiner Mitglieder einen Vorteil gegenüber einem Kurs-Index aus. Und wer schon einmal vom Zinseszinseffekt gehört hat, weiß, dass hier der Faktor Zeit die entscheidende Stellschraube ist. So auch in diesem Fall: Je länger der Dividenden-Vorteil beim DAX angehäuft wird, desto stärker wirkt sich dies in der Performance aus. Dabei wäre es so einfach, den DAX „auf Augenhöhe“ mit den anderen Indizes zu betrachten und Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen. Denn es wird auch der DAX-Kursindex berechnet. Und der steht nicht etwa bei 15.500 Punkten sondern bei… 6.570 Punkten. Der DAX-Perfomance-Index steht also anderthalbmal so hoch wie der DAX-Kursindex. Dabei waren beide am 1. Juli 1988 mit gleichem Ausgangswert 100 gestartet. Unsere erste Erkenntnis hieraus ist, dass Dividenden und vor allem ihr Reinvestieren einen maßgeblichen Erfolg auf die Performance haben. Und die zweite, niederschmetternde Erkenntnis ist, dass sich die führenden deutschen Aktien in den letzten 20, 30 Jahren noch viel schlechter entwickelt haben als das ohnehin schon beim Vergleich mit Dow und S&P 500 zu erkennen war. Dabei steht der DAX-Kursindex selbst auch gerade auf Allzeithoch. Allerdings hat er die Marke von 6.000 Punkten bereits im Jahr 2000 markiert, 2008 hatte er sich nur bis 5.000 Punkte aus dem Tal zurückgekämpft und beim kräftigen Rücksetzer 2011 stand er nur etwas über 4.000 Punkte. 2015, 2018 und Anfang 2020 versuchte er sich dreimal erfolglos an nachhaltigen Ausbrüchen über das alte 2000er-Hoch bei 6.000 Punkten, bevor ihm jetzt, nach 21 Jahren, endlich ein neues Allzeithoch gelang. Der Dow Jones ist in dieser Zeit von 11.000 auf 35.000 Punkte gestiegen, der S&P 500 von 1.500 auf 4.200 Punkte. Also Deutschland null Prozent Rendite seit 2001, USA Verdreifachung. Ernüchternd. Und niederschmetternd. Die Erklärung ist relativ einfach: Die USA haben in den letzten 20 Jahren fast den gesamten technologischen Fortschrittszuwachs abgeschöpft und schaut man auf die großen Technologie-Unternehmen, dominieren die USA. In Deutschland waren früher Banken, Energie-Versorger, Auto-Konzerne, Chemie-Unternehmen und Pharma-Werte prägend im DAX. Also fast durchgehend Sektoren, die einen beispiellosen Niedergang hinter sich haben oder zyklisch an der Konjunktur hängen. Damit war in den letzten Jahren kaum etwas zu gewinnen, vor allem nicht im Vergleich mit den dominierenden US-Technologieriesen wie Apple, Amazon, Alphabet, Microsoft, Facebook, die sich zu wahren Cashflow- und Gewinnmonstern entwickelt haben. Doch in jüngster Zeit erleben die Konjunkturzykliker und Value-Aktien eine Renaissance und auch im DAX finden sich starke Unternehmen, die seit Jahren Umsatz und Gewinne steigern können und deren Aktienkurse den Anlegern schon viel Freude bereitet haben. Drei von ihnen wollen wir uns mal näher ansehen: BASF, Deutsche Post und HeidelbergCement. BASF Die Ludwigshafener sind dem Umsatz nach das größte Chemie-Unternehmen der Welt und eines der größten Unternehmen in Deutschland. Der Konzern ist in 80 Ländern tätig und beschäftigt rund 118.000 Mitarbeiter. Im DAX-Performance-Index hat BASF ein Gewicht von 4,87 Prozent. Chemie ist ein sehr konjunktursensibles Geschäft und BASF hängt zudem stark von der Automobil-Industrie ab. Dementsprechend stand das Unternehmen in den letzten Jahren vor großen Herausforderungen, was man auch seinem Aktienkurs ansieht, der sich noch weit unter den 2018 erreichten Höchstmarken bei annähernd 100 Euro befindet. Der Rückgang dauerte bereits zwei Jahre an, bevor der Corona-Absturz erfolgte; diesen hat der Kurs mehr als wieder wettgemacht. Das Herzstück von BASF ist das Segment Chemicals, das für 16 Prozent des Umsatzes steht. Es beliefert auch die übrigen Segmente des Konzerns mit Basis-Chemikalien und Zwischenprodukten für Arzneimittel, Kunststoffe oder Pflanzenschutzmittel. Im Segment Materials, das rund 20 Prozent des Umsatzes einspielt, werden moderne Werkstoffe und deren Vorprodukte hergestellt. Darunter fallen Produkte für neue Anwendungen und Systeme, wie Polyamide, anorganische Grundprodukte oder Isocyanate. Kunden dieses Segments sind die Kunststoff-, Automobil- und die Baubranche. Das Segment Industrial Solutions mit 14 Prozent Umsatzanteil entwickelt und vermarktet Inhalts- und Zusatzstoffe für industrielle Anwendungen. Hauptabnehmer der Produkte wie Pigmente, Harze, Elektromaterialien und Additive sind neben der Automobil-Industrie auch die Kunststoff- und Elektro-Industrie. Das Segment Surface Technologies steuert bisher rund 22 Prozent zum Umsatz bei, doch dieser Anteil dürfte perspektivisch ansteigen. Dieser Bereich umfasst chemische Lösungen für Oberflächen. Im Produktportfolio sind Lacke, Katalysatoren und Batterie-Materialien für die Automobil- und chemische Industrie. Die Katalysatoren werden als Fahrzeug- und Prozesskatalysatoren verwendet. BASF will hier zu einem führenden und innovativen Anbieter von Batterie-Materialien aufsteigen und auch das Thema Recycling wird im Bereich Batterien immer stärker zum Zukunftsthema. Das Segment Nutrition & Care bringt 10 Prozent Umsatzanteil auf die Waage. Zu den Kunden zählen Nahrungs- und Futtermittelhersteller, sowie Hersteller von Kosmetik- und Reinigungsmittel. Das Segment Agricultural Solutions trägt etwa 13 Prozent zum Umsatz bei. Die Produktpalette dieses Segments besteht aus Herbiziden, Insektiziden, Fungiziden sowie Vitaminen und Säuren. Die Sparte wurde durch die Übernahme des Saatgut- und Pflanzenschutzmittelgeschäfts von Bayer für 7,6 Milliarden Euro kräftig vergrößert, die Bayer infolge der Monsanto-Übernahme verkaufen musste. Zumindest für BASF hat sich dieses Übernahme-Fiasko also positiv ausgezahlt. Und dann gab es früher noch das Segment Öl & Gas, das aber unter dem Namen Wintershall vom Konzern abgespalten wurde. Leider mögen manche denken, wo doch gerade dieser Bereich zuletzt so stark lief. Andererseits dreht sich der Wind zunehmend, wie das jüngste Urteil eines niederländischen Gerichts zeigt, das Shell zu einem viel rascheren Abbau seiner Öl- und Gasaktivitäten zwingt. Mit dem Ende von Corona zieht die Konjunktur wieder an und auch die Absatzflaute bei den Automobil-Herstellern dürfte vorbei sein. Die neuen E-Modelle fluten den Markt und stoßen auf reges Kaufinteresse. BASF dürfte in den nächsten Monaten und Jahren zu den großen Gewinnern dieser Entwicklung gehören. BASF SE (ISIN: DE000BASF111) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 21e/22e/23e | Kurs | BASF11 / BAS | 61 Mrd. EUR | 15 / 14 / 13 | 67,19 EUR | Deutsche Post Die Deutsche Post ging 1995 aus der Aufspaltung der alten Bundespost hervor, wie auch die Telekom und die Postbank. Aus dem einstigen Monopolisten ist ein international tätiger Logistik-Konzern geworden, der durch seine Tochter DHL mit den ganz Großen der Branche um die Marktführerschaft ringt. Die Post ist mit mehr als 570.000 Mitarbeitern in mehr als 220 Ländern aktiv und bringt es auf ein Gewicht von 3,9 Prozent im DAX-Performance-Index. Der Boom des Online-Handels sorgt seit Jahren für eine Paketflut und Corona hat dieses „Dilemma“ noch verschlimmert. Obwohl Amazon inzwischen selbst immer öfter die Zustellung übernimmt und schon mehr als die Hälfte seiner Sendungen selbst zustellt, ist es noch immer der mit Abstand größte Kunde der Post bzw. DHL. Das starke Wachstum kostet. Die Post investiert fleißig in zusätzliche Logistikknoten und – nach einigen Jahren des Verpennens – nun endlich auch wieder in den Ausbau der Paketstationen. Hier hatte man sich mehrere Jahre ausgeruht und wird nun durch den massiven Ausbau der Amazon-Locker-Stationen getrieben. Der Umsatz stieg in den letzten 10 Jahren um durchschnittlich rund 10 Prozent pro Jahr. Das EBIT wurde sogar noch deutlich stärker gesteigert und die Bilanz weist ein Nettovermögen auf. Die Post ist also solide aufgestellt und kann ihre hohen Investitionen gut stemmen. Der Kurs hat sich in den letzten 5 Jahren verdoppelt. Allerdings waren alle vorherigen Kursgewinne beim Corona-Einbruch dahin, doch der Kurs hat sich vom Tief bei 20 Euro bis auf 55 Euro wieder hoch gekämpft. Allzeithoch. Und das liegt natürlich an den starken weiteren Aussichten. Denn der Boom des Online-Handels wird auch nach Corona nicht abebben, sondern weiter zunehmen. Und damit die Nachfrage nach globalen und lokalen Logistik-Experten, wie DHL. Obwohl immer mehr Plattformen eigene Fulfillment- und Zustelllösungen an den Start bringen. Wie zuletzt Zalando oder sogar Westwing. Die Post dürfte in den nächsten Jahren einer der stetig wachsenden Werte im DAX bleiben. Deutsche Post AG (ISIN: DE0005552004) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 21e/22e/23e | Kurs | 555200 / DPW | 70 Mrd. EUR | 16 / 16 / 15 | 55,57 EUR | HeidelbergCement HeidelbergCement ist als Baustoff-Konzern weltweit die Nr. 1 bei Zuschlagstoffen und Transportbeton sowie die Nr. 2 bei Zement. Der Konzern ist in 60 Ländern tätig mit 53.000 Mitarbeitern an 3.000 Standorten und bringt es im DAX-Performance-Index auf ein Gewicht von 0,79 Prozent und ist damit einer der kleinsten Werte. Aber das wird sich demnächst ändern, wenn der DAX um 10 weitere Werte zum DAX 40 aufgestockt wird. Grundsätzlich ist der Baustoff-Handel ebenfalls ein zyklisches Business. Aber die Bautätigkeit hat sich in den letzten Jahren von der allgemeinen Wirtschaftskonjunktur abgekoppelt und die anhaltend hohe Nachfrage treibt auch die Preise weiter an. Sowohl für Grundstücke, als auch für Gebäude – und gerade in den letzten Monaten für Baustoffe. Der Chartverlauf in den letzten Jahren gleicht daher dem von BASF. Besonderes Augenmerk ist auf die USA zu richten. Dort ist HeidelCement sehr aktiv und der neue US-Präsident Joe Biden hat ein ehrgeiziges Infrastrukturprogramm in der Mache. Zwar musste er es bereits von den ursprünglich geplanten 2,1 Billionen US-Dollar etwas abspecken, weil er um die Zustimmung der Republikaner ringt, aber der Umfang wird dennoch enorm bleiben. Und die amerikanische Infrastruktur hat es bitter nötig. Sie wurde seit Jahrzehnten zugrunde gespart und ist in einem viel beklagenswerteren Zustand als wir es aus Deutschland kennen. und auch hierzulande sind Schlaglöcher, marode Brücken, holprige Schienenwege und baufällige Schulen und Schwimmbäder ja nicht gerade Mangelware. Während der Konzern auch durch Übernahmen stark gewachsen ist, fährt man aktuell eine Strategie der Portfoliobereinigung. HeidelbergCement will sich auf die stärksten Märkte konzentrieren und Geschäftsteile verkaufen, die mittelfristig nicht die Renditeerwartungen erfüllen. Hierzu hatte man Anfang des Jahres das Kuwait-Geschäft abgegeben und im Rahmen der Neuaufstellung es Griechenland-Geschäfts erklärt, sich von seinem Geschäft mit Zuschlagstoffen sowie zweier Transportbetonwerke zu trennen. Ein „big Move“ ist allerdings der soeben eingetütete Verkauf des Geschäfts im Westen der USA. Dabei werden Zementproduktionsanlagen und andere Standorte in den vier US-Staaten Kalifornien, Arizona, Oregon und Nevada der Tochter Lehigh Hanson für 1,9 Milliarden Euro an den US-Hersteller von Baumaterial Martin Marietta Materials veräußert. Über einen Verkauf des Kalifornien-Geschäfts wurde schon länger spekuliert, aber der nun erzielte Verkaufspreis liegt deutlich über den Annahmen. Zudem vereinfacht der Zement-Konzern seine Strukturen in Nordamerika. Durch diese „Diversifikation“ verliert HeidelCement zwar Umsatz, aber die Margen steigen. Und Profitabilität ist einer der Schlüsselreize, auf den Anleger – und der Kurs – anspringen. Vom Allzeithoch aus dem Jahr 2007 bei deutlich über 100 Euro ist der Kurs zwar noch ein gutes Stück entfernt. Die ersten Analystenziele stoßen nun aber bereits in diese Richtung vor. Und momentan finden sich nur wenige Argumente, die gegen eine Fortsetzung des jüngsten Kurstrends sprechen. HeidelbergCement AG (ISIN: DE0006047004) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 21e/22e/23e | Kurs | 604700 / HEI | 70 Mrd. EUR | 10 / 9,3 / 8,6 | 74,93 EUR | Mein Fazit Deutschland hinkt der Entwicklung hinterher. Der wachsende Abstand zu den USA ist kaum aufzuholen und China steigt unaufhörlich zur führenden Wirtschaftsmacht auf. Unsere Stärken kamen in den letzten Jahren wenig zur Geltung, aber es gibt sie durchaus. Der deutsche Mittelstand bleibt das Rückgrat unserer Wirtschaft und kann mit vielen Weltmarktführern glänzen. Nicht nur in Marktnischen. Besonders im Maschinenbau ist Deutschland ganz vorne mit dabei und im Automobil-Sektor kommen die deutschen Premium-Hersteller aus der Defensive, nachdem sie die Schockstarre, die mit dem Diesel-Skandal einherging, endlich abgelegt haben. Die breit angelegte Konjunkturerholung wird aber auch an vielen unserer großen Konzerne nicht vorbeigehen. Es dürfte jedoch ratsam sein und bleiben, hier auf diejenigen zu setzen, die solide Bilanzen aufweisen und sich im internationalen Wettbewerb behaupten können. BASF, die Deutsche Post und HeidelbergCement sollten daher als Investments eine Überlegung sein.
Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig, Value Investor und Betreiber des Blogs „iNTELLiGENT iNVESTiEREN“. | | Hinweispflicht nach §34b WpHG: Der/die Verfasser ist/sind in ein oder mehreren der oben genannten Wertpapieren/Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels NICHT investiert. Es können daher KEINE Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
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