Liebe/r Leser/in, der Weihnachtsmann würde die SPD wählen. Weil die Genossen noch an die Kraft der Wünsche glauben. Auf dem Wunschzettel von Walter-Borjans, Esken & Co. stehen so herrliche Dinge wie eine Rückkehr der Vermögenssteuer und die „Überwindung“ der Schuldenbremse. Ganz doll wünschen sich die Sozialdemokraten auch mehr „Gerechtigkeit für die vielen“, „gegenseitiges Vertrauen“ und einen „Aufbruch in die neue Zeit“. Ach, und noch etwas haben sie auf dem Herzen: Sie wünschen sich Gespräche mit dem Koalitionspartner. Und wenn man gut miteinander gesprochen hat, das verspricht die SPD mit großen Augen und reinem Herzen, wolle man die Regierung mit der Union fortsetzen. Vielleicht. So viele gute Wünsche – das rührt den Weihnachtsmann. Während er sich räuspert und ein paar Tränen in den Bart kullern lässt, übersieht er womöglich den Wunsch des roten Rackers Kevin Kühnert. Der kritzelte noch schnell auf den Wunschzettel, der Austritt aus der Koalition sei für die SPD weiterhin eine „ernsthafte Option“. „Ja, was denn nun?“, werden sich all die fleißigen Helfer in der Weihnachtswerkstatt denken. Sollen sie der SPD nun das Ende oder eine Fortführung der GroKo unter den geschmückten Baum legen? Weihnachtszeit in Berlin: Die SPD weiß nicht, was sie sich wünschen soll. Die Union will die Bescherung nicht abwarten – und das Land wartet derweil weiter auf Klarheit. „Die vergeudeten Jahre“ – unter diesem Titel lesen Sie im neuen FOCUS alles über das derzeit „unwürdige Spiel der Regierungsparteien“. Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche! | Herzlich Markus Krischer stellvertretender Chefredakteur |
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Der Mindestlohn wird der nächste Wahlkampfschlager! Wer bietet mehr? Zwölf Euro Mindestlohn forderte die Linkspartei im Bundestagswahlkampf 2017. Damals war sie die einzige Partei, die das Thema prominent plakatierte. Jetzt hat sich die SPD dieser Forderung angeschlossen – und es dürfte deshalb nur eine Frage der Zeit sein, bis die Linke erhöht: auf 13 Euro pro Stunde? Oder vielleicht sogar 14? Der Wettlauf ist in jedem Fall eröffnet. Im Wahlkampf geht es um griffige Themen, einfache Botschaften. Eine symbolische Zahl ist dafür ideal. Doch genau darin steckt auch die Gefahr. Der Mindestlohn wird anfällig für Missbrauch. Es wird nicht mehr um einen Lohn gehen, den Arbeitgeber zahlen müssen – und der gleichzeitig möglichst viele Menschen in Jobs hält. Der Mindestlohn wird zum Wahlkampfschlager, zum Ausweis des sozialen Gewissens einer Partei: je höher , umso besser. Doch genau das kann der deutsche Arbeitsmarkt gar nicht gebrauchen. |
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Eingemauert Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans haben den innerparteilichen Worst Case verhindert - dass die SPD auseinanderbricht. Hätten sie probiert, die Sozialdemokraten sofort und kompromisslos aus der großen Koalition zu führen, hätte sich das Lager um Olaf Scholz gewehrt. Der Preis für die Harmonie: Die neuen Vorsitzenden sind eingemauert. Sie müssen mit der Union über neue Inhalte wie Milliardeninvestitionen und einen höheren Mindestlohn verhandeln. CDU und CSU werden sich darauf kaum einlassen. Die neue SPD-Spitze wollte keine Kompromisse mehr machen und träumt von SPD pur. Jetzt müssen sie genau das machen, wofür Olaf Scholz abgestraft wurde: Kompromisse. |
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Amazon ist der personifizierte Überwachungskapitalismus Amazon ist schon lange nicht mehr Amazon. Amazon der Buchhändler, der Alles-Händler, der E-Commerce-Gewinner. Der Konzern ist nun das, was sich CEO Jeff Bezos immer vorgestellt hat: eines der wichtigsten Tech-Unternehmen der Welt. Es ist Marktführer im Cloud-Computing-Bereich. Von Netflix über Spotify bis hin zur CIA nutzen die wichtigsten Player der Welt Amazons Server. Amazon Studios produziert Filme und Serien wie „The Man in the High Castle“ für den eigenen Streaming-Dienst. Durch die Übernahme des Gaming-Portals Twitch ist man auch in diesem rasant wachsenden Markt eine relevante Größe. Außerdem ist Amazon inzwischen eine der wichtigsten Werbeflächen, im Gesundheitsmarkt aktiv, bietet Kleinkredite, Finanzservices eventuell auch bald Bankkonten an. Bezos trat in so viele Märkte ein, dass „to be amazoned“ zum geflügelten Begriff in der Geschäftswelt wurde. Das Kartellrecht ist weder in den USA noch in Europa auf Tech-Konzerne, die eine solche Macht auf sich vereinen, vorbereitet. Den Konsumenten und Nutzern muss am besten ein finanzieller Nachteil durch eine Monopolbildung entstehen. Doch im Falle von Amazon wurden mit größerer Macht die Preise immer nur günstiger und der Service besser. Der Schaden für die Menschen ist dennoch enorm. Denn mit Amazons Sprachassistentin Alexa, die inzwischen in Kopfhörern, Lautsprechern und Haushaltsgeräten lebt, sammelt Amazon so genaue Informationen über jeden von uns, dass uns Amazon noch besser Dinge verkaufen kann, die wir weder brauchen noch wollen. Die Politik muss entsprechend smarter werden im Umgang mit den Tech-Konzernen. Schnell. |
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