Liebe Leserin, Lieber Leser,
kennen Sie den Unterschied zwischen Beleidigungen im Straßenverkehr und in der Politik? Ein schlichtes „Idiot“ kann Sie als Autofahrer bis zu 1500 Euro kosten. Die Anrede „Grüne und linke Spinner“ bezahlt Fast-Kanzler Friedrich Merz nun mit 100 Milliarden Euro.
Am morgigen Dienstag sollen seine beiden XXL-Schuldenpakete zu Verteidigung und Infrastruktur vom alten Bundestag verabschiedet werden. Dazu brauchen Union und SPD eine Zweidrittelmehrheit, die es nur mit Hilfe der Grünen gibt. Hätte man früh wissen können, aber auch CSU-Chef Markus Söder musste ja unbedingt weiterpöbeln.
Diverse Empörungs-Pressekonferenzen der Grünen-Fraktionschefinnen später war klar: Das „Ja“ von Katharina Dröge und Britta Haßelmann wird u.a. mit den 100 Milliarden Euro für ihren geliebten Klima- und Transformationsfonds vergoldet. Dazu schauten sie, als hätte Merz eine Tankfüllung Diesel ins Fraktions-Hochbeet gekippt.
En passant haben sie gar noch ins Grundgesetz verhandelt, dass Deutschland schon 2045 Klimaneutralität erreichen muss. Fünf Jahre früher als die EU. Warum? Weil sie’s wollten. Ihren größten politischen Erfolg verdankt die zuletzt arg zerzauste Öko-Partei also ausgerechnet Merz.
Und das ist nicht der einzige Kollateralschaden der Bundestagswahl, die aus Verlierern plötzlich Gewinner macht. SPD-Chef Lars Klingbeil etwa hat seine Partei zum schlechtesten Wahlergebnis ihrer bundesdeutschen Geschichte geführt: 16,4 Prozent. Wenige Sondierungswochen später flaniert er durchs Regierungsviertel wie King Lars I. und garantiert Bürgergeld, Renten und eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro, als gäb’s kein Morgen.
Es brauche „eine personelle und inhaltliche Erneuerung der SPD“, brummte am Wochenende selbst Dietmar Woidke. Als Brandenburgs SPD-Regierungschef ist er im Gegensatz zu Klingbeil einer der wenigen Sozialdemokraten, die noch Wahlen gewinnen können. Geschenke versprechen allerdings auch andere.
Die Union winkt mit Mütterrente, höherer Pendlerpauschale, Wiederabsenkung der Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie etc. Man hat’s ja: frische 900 Milliarden Euro – und einen 1A-Verantwortlichen für den Merz-Kurswechsel bzw. -Wahlbetrug. |