13 Jahre dauerte die Diktatur von Baschar al-Assad. Seine Familie herrschte in Syrien über 50 Jahre lang. Am Ende aber ging es ganz schnell. Wohl auch weil Assads langjährige Verbündete Russland und Iran gerade ganz andere Fronten zu verteidigen haben. Nur eineinhalb Wochen benötigten die Rebellen, um Assad aus dem Land zu vertreiben. Offenbar ist er noch am Sonntag nach Moskau geflohen. Man habe der ganzen Familie aus „humanitären Erwägungen" Asyl gewährt, sagte ein Kreml-Sprecher. FOCUS Briefing beantwortet die wichtigsten Fragen:
Ist die Assad-Regierung damit endgültig gestürzt?Eine Rückkehr des Regimes ist praktisch ausgeschlossen. In den vergangenen Jahren konnte sich Assads schwache Regierung nur mit der Unterstützung Russlands, des Iran, der Hisbollah und anderer Iran-treuen Milizen an der Macht halten. Auch die Armee, der wichtigste syrische Unterstützer Assads, hat das Ende der Regierung verkündet. Die Rebellen sind bei ihrem Vormarsch auf keinen nennenswerten militärischen Widerstand mehr getroffen. Wer sind die neuen Machthaber?Die Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die sich mit anderen Rebellengruppen verbündet hatte. Anführer Abu Mohammed al-Dschulani tritt seit einigen Tagen mit seinem bürgerlichen Namen Ahmed al-Scharaa auf und schlägt bislang eher diplomatische Töne an. Die USA haben weiterhin ein Kopfgeld von 10 Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt. Wie geht es weiter im Land?Bis Montagfrüh wurde eine Ausgangssperre verhängt, aber auch eine Vielzahl von Häftlingen freigelassen. Die Islamisten wollen offenbar Chaos verhindern und versprechen einen geordneten Machtwechsel. Der Ministerpräsident bleibt demnach vorläufig im Amt, öffentliche Gebäude sind für die Kämpfer tabu. Der Terrorexperte Peter Neumann geht von zwei möglichen Szenarien aus: Es könnte zu einer Spaltung Syriens in mehrere autonome Provinzen kommen. Aber auch ein Wiederaufflammen des Bürgerkriegs sei möglich. Dass die HTS und ihre Partner das gesamte Land kontrollieren können, hält Neumann für nahezu ausgeschlossen. Welche weiteren Player gibt es im Land?In Nordsyrien existieren Rebellengruppen, die von der Türkei unterstützt werden, Kurdenmilizen sowie IS-Zellen. US-Kampfflugzeuge hätten mehr als 75 IS-Ziele im Zentrum Syriens angegriffen, teilte das US-Zentralkommando (Centcom) mit. Ziel der Angriffe sei es gewesen zu verhindern, dass der IS den Vorteil der aktuellen Umsturz-Situation in Syrien ausnutze. Laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur hat Russland eine Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrats beantragt, die noch am heutigen Montag abgehalten werden soll. Was bedeutet der Umsturz für den Iran?Der Iran verliert mit Assad einen wichtigen strategischen Alliierten. Teheran finanzierte die Assad-Regierung und half ihr militärisch, auch um Syrien als „Korridor“ zur Hisbollah-Miliz im Libanon zu nutzen. Mit dem Machtwechsel in Damaskus gerät die iranische Nahostpolitik – und insbesondere der Kampf gegen Erzfeind Israel – in eine Sackgasse. Und für Israel?Israel beobachtet die Entwicklungen in seinem nördlichen Nachbarland Syrien mit großer Wachsamkeit. Offenbar wurde gestern die Pufferzone zu Syrien mit Panzern gesichert. Nach israelischen Raketenangriffen sollen in Damaskus mehrere Regierungsgebäude und eine Waffenfabrik in Flammen aufgegangen sein. Auch wenn der Sturz Assads als harter Rückschlag für den Iran und die Hisbollah eingestuft wird, bleibt ein möglicher islamistischer Staat für Israel eine Gefahr. Was geschieht mit den Millionen syrischen Flüchtlingen?Diejenigen, die im Bürgerkrieg ab 2011 vor Assads Truppen, seinen Verbündeten oder anderen bewaffneten Gruppen flüchteten, könnten nun über eine Rückkehr nachdenken. Das hängt aber stark von der weiteren Entwicklung ab. Die meisten Flüchtlinge leben in der Türkei, in Deutschland halten sich aktuell fast eine Million Syrer auf. Eine halbe Million sind in dem seit 2011 wütenden Krieg getötet worden, fünf Millionen sind außer Landes geflüchtet. |