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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 12.12.2022 | Schwacher Wind, Schneeschauer und Temperaturen um den Gefrierpunkt. | ||
+ „Dann doch lieber den Senat abschaffen”: Berliner Bezirksbürgermeister wehren sich gegen FDP-Vorschlag + Wahlkampf machen nur die anderen: Es kracht in Spandau + 15-jährige stirbt bei Bus-Unfall – Rettungswagen erst nach 20 Minuten verfügbar + |
von Lotte Buschenhagen |
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Guten Morgen, sind Sie schon wach? Nein? Hier die aktuellen Umfragezahlen zur Abgeordnetenhauswahl als kalte oder warme Dusche, je nach Gusto: SPD: 18% / Grüne: 21% / CDU: 25% / Linke: 13% / AfD: 8% / FDP: 5% / Sonstige: 10% (Zahlen: Civey im Auftrag des Tagesspiegels). Reicht als Espresso? Dann auf ins Vor-Wahl-Gemenge: | |||||
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Großer Wurf oder letztes Aufbäumen vor der Versenkung? Im Kampf gegen die Bürokratie will die FDP (aktueller Umfragewert: 5%, s.o.) die Berliner Verwaltung radikal abrüsten: Alle Bezirksämter sollen weg, alle Kompetenzen zum Senat. 72 Stadträt:innen wären ihren Job los – die Bürgermeister:innen dürften als „Sprachrohr” der Bezirke bleiben. Was die von dem Vorschlag halten? Nüscht: „Das Bezirke-Bashing geht am Kern des Problems vorbei. Hier geht es wohl eher um politische Profilierung im Wahlkampf als um eine bessere Steuerung der Verwaltung”, sagt Clara Herrmann (Grüne, Xhain) dem Checkpoint. „Alles schon mal in den letzten zwanzig Jahren gelesen”, heißt es aus Lichtenberg (Michael Grunst, Linke). „Viel Ahnung scheint die FDP nicht zu haben.” Stefanie Remlinger (Grüne, Mitte) sieht gar die Demokratie in Gefahr: Der Vorschlag sei „Gemeinwesen zersetzend” – sie lade Herrn Czaja gern zu einem Praktikum ein. Radikalere Ideen als die FDP hat derweil nur Oliver Igel aus Treptow-Köpenick (SPD): „Wir haben bei der Bezirksfusion gesehen, welche Herausforderung es ist, Ämter mit den gleichen Aufgaben aus zwei Bezirken zusammenzuführen. Hier würde das für eine Vielzahl an Ämtern verzwölffacht werden. Dann doch lieber den Senat abschaffen.” | |||||
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Stichwort Abrüstung: Wann das Gerüst an der Kreuzberger Ferdinand-Freiligrath-Schule denn endlich wegkommt, wollte Marlene Heihsel (FDP) vom Bezirk wissen. „Zum Sankt-Nimmerleins-Tag?” Nicht ganz, sagt das Amt – und wird allen Frust des Jahres los. Ein Lehrstück in Passiv-Aggressivität, voilà: „Baugerüste dienen keinesfalls der uns implizit unterstellten Verärgerung der Schulgemeinschaft. Wir stellen keine Baugerüste zweckfrei auf. Baugerüste dienen auch nicht der optischen Aufwertung des Umfelds, sie sind keine Kunstwerke, kein Klettergerüst, kein Treppenersatz und keine Verdunklungsmaßnahme. Die Aufstellung von Baugerüsten wird ausschließlich dann veranlasst, wenn dies für die Durchführung von Baumaßnahmen erforderlich ist. Dem FB Hochbau ist zudem durchaus bekannt, an welchen Standorten Gerüste stehen. Wir vergessen diese auch nicht einfach. Das Gerüst wird wegen der notwendigen Dachsanierung noch gebraucht bis ca. 10/2023. Ob der Sankt-Nimmerleins-Tag innerhalb des 4. Quartals 2023 liegt, kann das BA leider nicht beantworten.” Wir grüßen Stadtrat Andy Hehmke (SPD) – bitte mehr Anfragen kontern. | |||||
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Es kracht in Spandau: In einer offiziellen Pressemitteilung des Bezirksamts (!) wettern Bürgermeisterin Carola Brückner und Stadtrat Gregor Kempert (SPD) gegen Bettina Jarasch (Grüne). Die Verkehrssenatorin hatte am Mittwoch erklärt, die Verlängerung der U7 bis zur Heerstraße Nord zurückzustellen – stattdessen solle der Ausbau zum BER schneller geprüft werden. Dafür hatte SPD-Fraktionschef Raed Saleh Jarasch scharf angegriffen. Seine Parteikolleg:innen springen ihm zur Seite: „Es kann nicht angehen, dass die Senatorin Wahlkampf auf den Schultern der Menschen in der Heerstr. Nord macht”, schreibt die Bürgermeisterin, „Es ist mir unbegreiflich, wie man die Menschen dermaßen im Stich lassen kann”, der Stadtrat. Ein Zufall, dass ausgerechnet Jarasch im Wahlkreis Spandau gegen Saleh antreten muss – wie heißt es so schön? Wahlkampf machen nur die anderen. | |||||
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Tempolimit? Pah, niemals! Dafür gibt es doch gar keine Schilder, schnaubt Bundes-Auspuffminister Volker Wissing (FDP). Wir servieren den Gegenbeweis – frisch aus Lichtenberg: Mit acht Halteverbotsschildern auf 30 Metern hat die Zwieseler Straße jetzt eine Schilderdichte von 0,27 Schildern pro Meter. Das Beweisfoto hat der Bezirksverordnete Michael Andre (SPD) seiner Beschwerde ans Ordnungsamt gleich beigefügt (jedes Schild mit rotem Kreis ummalt, versteht sich!). Was die Polonaise soll, verrät Stadtrat Martin Schaefer (CDU): „Temporäre Baumaßnahmen” seien schuld am Schilderwald. „Ohne diese Maßnahme wäre es zeitlich absehbar, dass sich die größeren Baustellenfahrzeuge festfahren.” Festgefahren: Gutes Stichwort. | |||||
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Berlin liegt flach. Derzeit sind so viele Hauptstädter:innen krank wie seit drei Jahren nicht mehr: Das hat die DAK dem Tagesspiegel bestätigt. Die S-Bahn stellt Linien ein, Grundschulen sind halb leergefegt, die Sozialämter kommen nicht mehr hinterher. Doch am dramatischsten ist die Situation auf Berlins Kinderstationen: Die Kliniken sind so überlastet, dass Ärzt:innen kurz vor der Triage stehen. Neben Corona und Grippe fegt das RSV-Virus durch Berlin – die Krankheit kann für Kinder lebensgefährlich sein. Mein Kollege Hannes Heine hat fünf Kinderärzt:innen begleitet. Eine erzählt von einem Nachtdienst vor wenigen Tagen: „Für ein Kind telefoniere ich an diesem Abend 13 Kliniken ab, finde in ganz Berlin und Brandenburg kein Bett, also übernachtet es, wie vier weitere Kinder, auf einem Bett in der Notaufnahme – was eigentlich nicht vorgesehen ist. Am Ende der Schicht habe ich 38 Kinder behandelt, dass keines gestorben ist, hat auch mit Glück zu tun. In meiner 17-stündigen Schicht habe ich einmal etwas gegessen, viel zu wenig getrunken, war nur einmal auf Toilette und habe keine Minute geschlafen.” | |||||
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Wir kommen zu einer weiteren Nachricht, die in ihrer Tragik schwer zu fassen ist. Am Samstagabend ist in Lankwitz eine 15-jährige Jugendliche gestorben, die von einem BVG-Bus überfahren wurde. Eine weitere Jugendliche wurde schwer verletzt. Die beiden Mädchen sollen bei roter Ampel vor den Bus gelaufen sein. Zum Zeitpunkt des Notrufs war in ganz Berlin kein Rettungswagen verfügbar – erst 23 Minuten später konnten zwei Wagen zu den Unfallopfern fahren. Eine Wartezeit, deren Vorhersehbarkeit sie umso grausamer macht: Seit Monaten – Jahren – meldet die Berliner Feuerwehr einen Notstand bei Personal und Einsatzfahrzeugen. Seit Wochen streitet die Koalition über eine Notreform. Und auch an diesem Sonntagabend kommt die Meldung, die beinah schon obsolet ist: Seit 17.30 Uhr arbeitet der Rettungsdienst im Ausnahmezustand. | |||||
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