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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 09.04.2021 | 12°C, windig und bedeckt. | ||
+ Nachdenken & Zusehen + Olaf & Angela + Testen & Testen + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, beinahe hätten wir jetzt hier einfach geschrieben „das Nachdenken ist noch nicht abgeschlossen“ und Sie damit fulminant in den Freitag entlassen... ...aber dann haben wir uns doch erinnert, dass mit solchen leeren Floskeln höchstens Politiker durchkommen, der Checkpoint als Raum für Notizen aber eher nicht funktioniert (schon wegen der Kratzer auf dem Smartphone). Also noch mal von vorn: „Ich werde jetzt nicht 14 Tage lang tatenlos zusehen“, hatte Angela Merkel am Abend des 28. März gesagt (MER-Count-up – Tage seit Nichtentscheidung: 12). Sie wird recht behalten: Es werden mindestens 16 Tage sein. Die geplante Runde zur Pandemiebekämpfung wird nach Tagesspiegel-Informationen von Montag auf mindestens Mittwoch verschoben, weil das Nachdenken noch immer nicht abgeschlossen ist. Die Ministerpräsident:innen und die Kanzlerin wollen sich diesmal vorher in Osterruhe auf eine Beschlussvorlage einigen, um nicht wieder ein lautes Debakel auszulösen (Sorry, nochmal nachgedacht...). Die Hoffnung, dass bei all der Weile ein gutes Ding herauskommt, schwindet mit jedem Tag. MPK-Chef Michael Müller musste gestern jedenfalls die Telefonschalte der Berliner Senatssitzung (zu den Ergebnissen gleich mehr) mehrfach verlassen, um mit Olaf und Angela zu telefonieren. Zwar ist die Inzidenz über die Ostertage wieder etwas gesunken, doch die Zahl der Menschen, die auf Intensivstationen behandelt werden müssen, steigt und steigt. Sie liegen nun länger dort – weil sie jünger sind. „Wir verpassen jede Ausfahrt zur Senkung der Zahlen“, twitterte gestern der Intensivmediziner Christian Karagiannidis, „Bitte handelt endlich!“ Christian Drosten retweetete das mit dem Zusatz: „Dies ist ein Notruf.“ In seiner Charité werden derweil schon wieder planbare Eingriffe abgesagt. Alles auf Notversorgung. In einem Spiegel-Interview sagte Karagiannidis später: „Es lässt mich verzweifeln, dass die Leute nicht verstehen, was diese dritte Coronawelle für die Krankenhäuser bedeutet. Das Personal arbeitet seit fast einem Jahr unter Volllast. Es gab nur im Sommer eine kurze Verschnaufpause. Das halten sie nicht mehr lange aus. Je länger die Überlastung andauert, desto mehr Mitarbeiter werden gehen. Gerade Jüngere machen das so nicht mehr mit. Ich befürchte, viele ahnen gar nicht, was da auf uns noch zukommt nach Corona.“ Derweil versinkt die Politik im nachdenklichen Wahlkampf und beschäftigt sich lieber intensiv damit, wie der nächste Lockdown denn nun heißen soll, damit möglichst wenige (politisch) beschädigt werden. Die Langzeitschäden tragen andere. | |||||
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Da ist es nur logisch, dass auch in Berlin alles beim Alten bleibt und die Schulen am Montag einfach da weitermachen, wo sie aufgehört haben. Eine Freundin bot mir gestern bei laufender Senatssitzung eine Wette an: „Ich sage: Heute wird Wechselunterricht beschlossen, am Samstagnachmittag wird die Entscheidung rückgängig gemacht und die Ferien um eine Woche verlängert.“ Wer hält dagegen? Immerhin (man wird ja bescheiden) wurde etwas beschlossen, nämlich ein „behutsamer Schulstart nach den Osterferien und Anpassung der Teststrategie“. Konkret heißt das: +++ Die Präsenzplicht bleibt ausgesetzt. +++ Es bleibt beim Wechselunterricht für alle Jahrgänge außer 7 bis 9, die ab 19. April dazukommen sollen. +++ Ab dann sollen alle Schülerinnen und Schüler zweimal pro Woche verpflichtend in der Schule getestet werden. Es war vor allem diese Testpflicht, die gestern die Elternschaft erregte, oder vielmehr ein Satz in der Pressemitteilung der Bildungsverwaltung: „Diese Tests sollen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu Hause, sondern vor Ort in der Schule durchgeführt werden, um die Inanspruchnahme und die Verlässlichkeit der Tests sicherzustellen.“ Zu Hause klappt’s wohl nicht? Eine Umfrage im Verband der Oberstudiendirektoren, in dem 90 Prozent der Schulleiterinnen und Schulleiter der Berliner Gymnasien organisiert sind, hat am Mittwoch ergeben, dass drei von vier Schulen noch gar nicht vollständig mit Schnelltests ausgestattet sind. Viele Eltern hatten folglich noch gar keine Tests bekommen. Auch die Art der Durchführung verursacht Unverständnis: „Die Schülerinnen und Schüler testen sich unter Anleitung durch das pädagogische Personal in der Schule selbst (im Klassenraum oder nach schulorganisatorischen Möglichkeiten in weiteren Räumen)“, heißt es in einer Mitteilung der Bildungsverwaltung an die Schulen. „Ziel der Schnelltests ist es, Infektionsketten in der Schule zu vermeiden“, sagt Ralf Treptow, Vorsitzender der Vereinigung der Oberstudiendirektoren, am Donnerstagabend. Wenn nun aber die Schülerinnen und Schüler in die Schule geholt würden, um einen Schnelltest vor Ort durchzuführen, dann steigere man das Risiko eher. „Ein Test zu Hause verhindert, dass ein positiv getestetes Kind überhaupt die Schule von innen gesehen hat“, sagt Treptow. „Und wer soll die Tests an der Schule eigentlich kontrollieren? Die Lehrerinnen und Lehrer, denen kürzlich die Hoffnung auf eine Impfung wieder genommen wurde?“ Aus der Bildungsverwaltung hieß es am Abend, dass „natürlich noch nicht alle Fragen in allen rechtlichen Details“ geklärt seien. „Die Bildungsverwaltung befindet sich da noch in der Finalisierung“, sagte Sprecher Martin Klesmann. „Um den Schulen Vorbereitungszeit zu lassen und eine Rechtssicherheit herzustellen, greift die Testpflicht ja auch erst ab dem 19. April.“ Treptow ist trotzdem sauer. Der Senatsbeschluss lasse ihn wieder einmal ratlos zurück. Die Entscheidung, alle Schülerinnen und Schüler ab dem 19. April wieder in den Wechselunterricht zurückzuholen, ignoriere wissenschaftliche Erkenntnisse. „Auch sollte der Senat nicht so tun, als ob die Runde mit der Bundeskanzlerin in der nächsten Woche nicht einen harten Lockdown beschließen könnte“, sagt Treptow. „Hier wird jetzt also erneut eine Perspektive aufgemacht, die vielleicht gar nicht gehalten werden kann.“ Als großes Problem bezeichnet Treptow, dass die Vorsitzenden der Berliner Schulleiterverbände nicht mit den politischen Entscheidungsträgern beraten könnten. „Die Senatorin und ihre Staatssekretärin reden kaum mal mit uns. In diesen Ferien zum Beispiel gar nicht. In einer solchen Phase der Pandemie sollte kein Entscheidungsträger Urlaub machen, sondern mit den Praktikern beraten.“ Klesmann kontert: „Sie können sicher sein, dass die Senatorin in so einer Phase nicht einfach Urlaub macht“, sagte er. „Die Senatorin hat heute selbstverständlich an der Senatssitzung teilgenommen und den ganzen Tag gearbeitet – so wie an den vergangenen Osterferientagen auch.“ Ist im Klassenbuch notiert („stets bemüht“)! Die Schulen jedenfalls werden in den nächsten Wochen sehr viel der kostbaren Präsenzzeit mit Testen verbringen. Abimotto 2021: Testen & Testen. Hauptsache, hier wird nicht gebummelt (und geschummelt). | |||||
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Alle über 70-Jährigen haben eine Impfeinladung erhalten, haben wir hier gestern euphorisch verkündet. „Das ist leider gelogen“, schreibt uns eine verzweifelte 75-Jährige. Mehrfach hat sie unter der angegebenen Adresse der Gesundheitsverwaltung nachgefragt (Mails liegen dem Checkpoint vor), warum sie noch immer keinen Impfcode erhalten habe, während ihr etwas älterer Mann bereits doppelt geimpft ist. Sie solle bitte nicht noch einmal schreiben, bekam sie als Antwort. In der Hotline, bei der sich Über-60-Jährige ohne Einladung melden können, sagte man ihr nach Stunden in der Warteschleife, sie sei zu alt: Die Grenze liege leider bei 69. „Ich bin fast vor Wut geplatzt!“, schreibt sie. „Jeden Tag: der Gang zum Briefkasten, ohne Erfolg! Ich muss im Melderegister von Berlin sein, da man mir pünktlich die Wahlunterlagen schickt. Ich wohne seit 1987 unter derselben Adresse.“ Email-Adresse und Handynummer hat sie beigefügt. „Mir ist völlig egal, mit welchem Präparat ich geimpft werde, Hauptsache, geimpft!“ Aufruf an alle, die egal was zum Impfen haben: Wir reichen die Einladung gern weiter. Und wenn Sie jetzt ein paar positive Impfgeschichten gebrauchen können: Bitteschön (nur für Abonenntinnen). | |||||
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Und plötzlich will niemand mehr Kunde sein: Das gilt gleich in doppelter Hinsicht. Geschäfte dürfen zwar öffnen, durch das neue Shopping-Prinzip „Vorsicht & Testpflicht“ ist es aber fast überall leer. Die BZ zeigt heute auf einer Doppelseite verzweifelte Ladeninhaberinnen und Verkäufer („Oft frage ich mich, warum ich hier überhaupt noch sitze“). Auch für Traditionsbetriebe wie „Der Holländer“ (seit 37 Jahren in Berlin) wird die Lage langsam schwierig. Das Frühjahr ist normalerweise Hochsaison, 70 Prozent des Jahresumsatzes würden in diesen Monaten erzielt, sagt Manager Christiaan Frankhuisen. Derzeit aber gebe es so gut wie keine Kunden. Ob noch ein zweiter Frühling kommt – unklar. | |||||
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Unklar ist auch, wer eigentlich als Kunde gilt – und welches Personal mit ihm in Kontakt kommt. Denn jenes Personal ist bei Kundenkontakt per Verordnung verpflichtet, zwei Mal pro Woche einen Corona-Test zu machen. Wie wäre es zum Beispiel mit Bürgerämtern? Hier haben schließlich die Modernisierer in der Verwaltung seit Jahren vom Bürger als Kunden gepredigt. „Nach derzeitig geltender Verordnung ist die Testung für Mitarbeitende nicht verpflichtend“, erfuhr mein Kollege Ingo Salmen aus dem Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf (Newsletter hier). Auch die Wirtschaftsverwaltung sieht in ihren Testpflicht-FAQ Kundenkontakte vorsorglich nur im „Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes“. Und die Bildungsverwaltung schrieb an die Träger der Jugendhilfe, es gehe allein um „Angebote in Bereichen des Handels bzw. Gaststättengewerbes“. So steht es allerdings nicht in der Corona-Verordnung, die der Senat selbst beschlossen hat. Die Testpflicht für Personal mit Kundenkontakt ist in einem Abschnitt geregelt, der sich auf alle Branchen bezieht, die öffentliche Verwaltung eingeschlossen. Der Berufsverband der Lerntherapeut*innen fordert nun in einem Brief an die Senatsbildungsverwaltung, der dem Checkpoint vorliegt, klarzustellen, dass die Testpflicht auch für die Jugendhilfe gelte (und bitte die Kosten zu übernehmen). Denn Kunden haben, egal, wie sie heißen, auf jeden Fall: Kontakt. | |||||
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