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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 30.04.2021 | Bedeckt bei 11°C. | ||
+ AfD-Landtagsabgeordneter will „Kesselschlacht” in Berlin + Historisches Urteil: Klimaschutz bekommt Verfassungsrang + Mobbing-Vorwürfe gegen Gorki-Intendantin Langhoff + |
von Julius Betschka |
Guten Morgen, wir beginnen mit Liebesgrüßen aus Karlsruhe. Die Richter am Bundesverfassungsgericht legen einen juristischen Regentanz hin, damit die nächsten Generationen in Deutschland Schirme nicht nur noch gegen die Sonne tragen müssen: Das Gericht verpflichtet die Bundesregierung, den Ausstoß von Treibhausgasen früher zu regeln. Die jetzigen Regeln im deutschen Klimaschutzgesetz verschieben zu große Lasten auf die Zukunft, argumentieren die Richter (Begründung im Wortlaut hier). „Epochal“, „groß“ und „bedeutend“ nannte den Beschluss Wirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier. Das ist einigermaßen obskur, weil er selbst für das Klimaschutzgesetz verantwortlich ist. Ein schlechtes Schauspiel – aber schlimme Darsteller sind wir ja seit #allesdichtmachen gewohnt. Das Urteil aus Karlsruhe ist im Wortsinn „for Future“, weil es die Freiheit der Kinder und Enkel einbezieht, die durch die Klima-Krise eingeschränkt werden wird. Generationengerechtigkeit ist damit keine politische Floskel mehr, sondern juristische Wirklichkeit. Diejenigen, die nun wieder halbironisch gegen die „grünen Richter“ ankämpfen, sind teils dieselben, die das auch mit der Freiheit in der Pandemie nie so ganz verstanden haben: Wer sich jetzt einschränkt, Freiheiten abgibt, kriegt sie aller Wahrscheinlichkeit nach schneller zurück. So funktioniert das gerade und so ähnlich ist das in der Klimakrise: Die Gesellschaft muss jetzt dafür streiten, dass die Freiheit der nächsten Generationen wahrscheinlicher wird (um Gewissheiten geht es beim Klima längst nicht mehr). Dafür müssen jetzt einige Freiheiten abgegeben werden – von der Autogarantie für Jedermann bis zum Billigflug nach München. Welche und wie viele das sein werden, das muss eine Gesellschaft ertasten. Der Zeitdruck dafür steigt aber von Jahr zu Jahr, von Grad zu Grad. Es braucht willensstarke Politiker dafür, keine Schauspieler. | |||||
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Drei Berliner Spitzenpolitiker haben gestern, passend zum Tag, beim „Forum Urbane Infrastrukturen“ des Tagesspiegels zur Frage diskutiert: „Wie kann die Energiewende in Berlin gelingen?“ Checkpoint-Kollegin Anke Myrrhe wollte zum Einstieg wissen: Wann ist die Stadt klimaneutral? CDU-Mann Kai Wegner und SPD-Spitzenfrau Franziska Giffey orientierten sich am EU-Ziel 2050, Grünen-Kandidatin Bettina Jarasch will Berlin schon bis 2035 klimaneutral machen. „Es muss konkret werden in den einzelnen Sektoren, und da weiß ich gar nicht, wie konkret die CDU überhaupt wird“, sagte Jarasch dann. „Und das meiste, was die SPD sagt, sind Dinge, die wir im Energiewendegesetz und Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm sowieso schon verankert haben“, erklärte die zur Abwechslung angriffslustige Grüne. „Ja, nur umsetzen ist noch mal was anderes, Frau Jarasch“, entgegnete Giffey. Es ging lustig weiter. Die gesamte Debatte können Sie hier nachschauen und eine Zusammenfassung gibt’s hier. | |||||
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Es gibt Überschriften, die glaubt man schwer: „AfD-Landtagsabgeordneter will „Kesselschlacht” in Berlin“ steht über einem Text der Kollegen Alexander Fröhlich und Julius Geiler. Darum geht’s: Auf Telegram organisieren sich Veteranen von Bundeswehr und NVA, um sich bei „Querdenken”-Demos zum Schutz in die erste Reihe zu stellen. Eine kampferprobte Miliz der Verschwörungsgläubigen – und mittendrin der Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete und Ex-Soldat Daniel Freiherr von Lützow. „Ich sage nur Kesselschlachten in Berlin“, schrieb er in den Kanal. Und weiter: „Ich habe schon mit 17 gesagt, gebt mir 100 Mann und das Antifagedöns ist schnell wieder zuhause.“ Wir spendieren dem Verfassungsschutz hiermit ein Checkpoint-Abo, falls sie nicht sowieso schon mitlesen. Und schauen selbst zum „rbb“: Die Berliner AfD sieht sich als „parlamentarischer Arm“ der Anti-Corona-Proteste, melden die Kollegen ganz frisch. Das sagte die AfD-Landesvorsitzende Kristin Brinker, die der Partei ein gemäßigtes Gesicht verschaffen sollte. Es trällert, wie passend, Xavier Naidoo: „Was wir allein nicht schaffen, das schaffen wir dann zusammen.“ In diesem Fall: Staatszersetzung. | |||||
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Noch was Nützliches: Ein Berliner Programmierer hat eine Website entwickelt, auf der nahezu in Echtzeit Impftermine in den sechs großen Impfzentren einlaufen – gut sortiert und übersichtlich. „Ich bin Softwareentwickler und war frustriert darüber, wie schwierig es war, zu verstehen, wann und wie es Verfügbarkeiten an bestimmten Tagen gibt – also habe ich diese Seite erstellt“, erzählt er auf Checkpoint-Anfrage. Erst habe er das nur für sich gemacht und jetzt eben für alle freigeschaltet. Warum das der Senat nicht selbst hinkriegt? Tjaja. Hier geht’s lang. Frohes Spritzen! | |||||
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Amt, aber unglücklich: Dem Checkpoint liegt die Impfeinladung einer Leserin vor. „Impfberechtigung Paragraf 3 CoronaImpfV“ steht darauf. Sie erhielt die Einladung wegen eines ärztlichen Attests, hatte schon einen Termin am 12. Mai ausgewählt – und scheiterte im letzten Moment. Statt eines 16-stelligen Buchungscodes erhielt sie eine Nummer aus sieben Zahlen und zwei Punkten. Auch schön, aber ungültig. Unzählige Telefonate später landet sie bei einer Mitarbeiterin der Impf-Hotline. Sie sei heute nicht die einzige mit dem Problem, sagte diese, eine Lösung gebe es aber nicht, auch ein Rückruf fand nicht statt. „Ich bin maßlos enttäuscht! Von den bisherigen Berichten zur ganz un-berlinischen guten Organisation des Impfens ist diese Erfahrung leider sehr weit entfernt“, schreibt die Leserin. Wo sind die restlichen neun Buchstaben versteckt, Frau Gesundheitssenatorin? | |||||
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Vom Spritzen zum Deckeln: Roger Akelius, Immobilienmogul aus Schweden, präsentiert sich gern als Wohltäter. Die Gewinne spende er an Wohltätigkeitsorganisationen, sagt er im Tagesspiegel-Interview (T+). Deshalb seien niedrigere Mieten bei seinen 14.000 Wohnungen in Berlin kontraproduktiv. „Soll die Stiftung lieber den rot-rot-grünen Aktivisten helfen statt 200 Kinder in Kambodscha vor dem Verhungern zu bewahren?“ Der Mietendeckel habe seine Wohltätigkeit verhindert, behauptet er: „Rot-Rot-Grün stiehlt Geld von leidenden Kindern.“ SPD-Bundesvize Kevin Kühnert bezeichnete Akelius (das Dossier zur Firma gibt’s hier) am Donnerstag als „zynischen Großgrundbesitzer“. Er sagte: „Hungernde Kinder in Kambodscha gegen Mieter:innen in Berlin auszuspielen, ist ein so absurdes Beispiel für Opferkonkurrenz, wie ich es selten erlebt habe." Akelius‘ Aussagen dürften die politische Lage für seinesgleichen eher verschlimmern: 47 Prozent der Berliner sind laut einer Civey-Umfrage des Tagesspiegels mittlerweile für Enteignungen. Im aktuellen „Berlin Trend“ sprechen sich 75 Prozent der Befragten für einen bundesweiten Mietendeckel aus. | |||||
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Berlins Kultur liegt brach und kommt doch nicht zur Ruhe: Am Maxim-Gorki-Theater werden Mobbing-Vorwürfe gegen Intendantin Shermin Langhoff erhoben. Eine Dramaturgin klagt gegen ihre Kündigung, die angeblich mit einem Brief von Mitarbeitern wegen Machtmissbrauchs von Langhoff in Zusammenhang stehen soll. In internen Mails sei von „einem Klima der Angst“ die Rede, schreib der „Spiegel“. Es ist bereits der fünfte Fall von möglichem diskriminierendem Verhalten im Bühnen- oder Orchesterbereich, wie die Kulturverwaltung auf eine Anfrage des parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen, Daniel Wesener, erklärt: neben den Fällen am Theater an der Parkaue (2019), dem Staatsballett (2018), der Staatskapelle (2019) und jüngst der Volksbühne (2021). Als Gründe für die Häufung gibt Kulturstaatssekretär Thorsten Wöhlert fehlende Anti-Diskriminierungskompetenz beim Führungspersonal, stark hierarchische Strukturen, fehlende Beschwerdestrukturen und die Rechtfertigung von Diskriminierung mit der Kunstfreiheit an. Daniel Wesener sagte dem Checkpoint: „Gemeinsam ist fast allen unterschiedlichen Fällen, die in den letzten Jahren in Berlin öffentlich geworden sind, das ‚System Stadttheater‘“. Das Problem sei eine Betriebsstruktur, in der große individuelle Machtfülle, persönliche Abhängigkeitsverhältnisse und ein extremer Leistungsdruck zusammenkämen. „Hier müssen wir ansetzen, wenn wir andere Verhältnisse hinter unseren Theaterbühnen schaffen wollen.“ Es ist heute eben nicht mehr alles von der Kunstfreiheit gedeckt. | |||||
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