| Guten Morgen, Hören Sie diese Ruhe? Wahrscheinlich nicht. Nicht mehr. Während ich diese Zeilen schreibe, genieße ich die Einsamkeit der Nacht. Während Sie diese Zeilen lesen, sind die Kinder wahrscheinlich schon wieder wach. Lärmen, Lachen, Lamentieren und Laminieren, neben Küche, Konferenz und sonstigem Kleinkram – wie schaffen Sie das alles? Ist heute eigentlich Samstag? Ihre Putzhilfe kommt auch nicht mehr? Wann haben Sie zum letzten Mal etwas nur für sich gemacht? Wer klatscht für Eltern vom Balkon? Aber hiervon können sich die Familien jetzt wirklich mal was kaufen: Die Bundesregierung belohnt Sie für Ihren Aufwand in Betreuung und Homeschooling mit satten 300 Euro pro Kind, die Sie aber zum Ankurbeln der Konjunktur bitte direkt reinvestieren in eine neue Waschmaschine. Diese Einmalzahlung als Entlastung für Familien zu bezeichnen, „ist ein politischer Euphemismus“, sagte mir Katharina Mahrt, Mitgründerin der Initiative Kitakrise. „Viele Eltern bezeichnen sie als Schweigegeld.“ Sie selbst hätte es gern ein bisschen umfangreicher und vor allem dauerhafter: Ihre Petition für ein Corona-Kindergeld von 1000 Euro pro Monat hat bereits knapp 50 000 Unterschriften erreicht. Warum sie diese Initiative gestartet hat, und warum sie glaubt, dass auch die Verwaltung Probleme mit dem Homeoffice hat (Qualitätskontrolle!), darüber habe ich mit Katharina Mahrt im Checkpoint-Interview gesprochen, zu lesen weiter unten für Abonnenten (in den Nebenrollen: Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach und Bundeskanzlerin Angela Merkel). „Vollzeitarbeit und Kinderbetreuung sind auf Dauer nicht zu stemmen“, sagte mir Bildungssenatorin Sandra Scheeres bereits Ende April. „Viele Eltern sind nach mehreren Wochen Corona-Schließzeit am Rand ihrer Kräfte. Das ist mir als Mutter von zwei Kindern vollkommen bewusst.“ Gut sechs Wochen später liegt der Rand der Kräfte so weit hinter uns, dass auf den vollen Spielplätzen dieser Stadt kaum noch über Infektionsrisiken gesprochen wird. Normalität ist die neue Familiendroge. Weil der Senat das offenbar auch merkt, soll nun jedes Kind vor den Sommerferien noch einmal eine Kita von innen sehen (und nicht nur um den Sonnenhut abzuholen): Offenbar soll am Dienstag beschlossen werden, die Kitas wieder für alle zu öffnen. Wie die strengen Hygieneregeln mit 5000 fehlenden Erzieher/innen eingehalten werden sollen, ohne die Betreuungszeit für systemrelevante Berufe zu verringern, wird uns Frau Scheeres dann sicher noch erläutern. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey deutete gestern an, dass die Abstandsregeln bei Normalbetrieb in Schulen und Kitas nicht mehr zu halten seien (Q: rbb). Bis dahin gilt weiterhin: Kein Knutschen im Sandkasten. „Wir wünschen uns zwar alle die Rückkehr zur Normalität“, schreibt Maja Lasić, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Allerdings müsse man vorsorgen, falls sich die Infektionszahlen verschlechtern. Für den Fall „brauchen wir Antworten auf die Belastung der betroffenen Eltern“. Ihre Fraktion hat den Senat (in den systemrelevanten Teilen ebenfalls SPD) gestern aufgefordert, „unverzüglich ein Landesprogramm Corona-Elterngeld zu entwickeln“, für Eltern, die ihre Kinder im Homeoffice betreuen. Sie sollen 67 Prozent des Verdienstausfalls bei einer Arbeitszeitreduzierung vom Land erstattet bekommen. Und zwar unkompliziert (um die Erstattung soll sich der Arbeitgeber kümmern) und rückwirkend ab dem 11. Mai. Kommt das nicht ein bisschen spät, wenn nun die Kitas wieder öffnen, fragen sich viele völlig zu recht. Alte CP-Regel: Auch der späte Vogel fängt noch was (Risikogruppen bleiben weiter zu Hause) und außerdem schadet es nicht, ein solches Konzept in der Schublade zu haben: für die zweite Welle – und das nächste Virus. Und was meinen Sie? Sollten die Kitas nun wieder für alle öffnen? Stimmen Sie ab. | |