das Urteil des Bundesverfassungsgerichts über den unrechtmäßigen Nachtragshaushalt der Bundesregierung und die Reaktionen darauf blieben das zentrale Thema der Innenpolitik in der vergangenen Woche. Und daran wird sich vermutlich auch in den kommenden Wochen nichts ändern, denn die Auswirkungen sind fundamental. Die Ampelkoalition ist sehenden Auges in die verfassungsrechtliche Katastrophe gelaufen. Die Haushaltspolitik der Ampelkoalition ist in weiten Teilen verfassungswidrig. Die Verstöße sind grundsätzlich und sehr offensichtlich. Das ist schon schlimm genug. Noch schlimmer sind die allerersten Reaktionen der Spitzenpolitiker auf das Urteil, das ihnen sehr deutlich die Verletzung der Verfassung bescheinigt. Patzig im Ton, zielen sie vor allem darauf, wie die Verfassung in Zukunft geschickter umgangen werden kann. Darin kommt, so analysiert Jura-Professor und Cicero-Autor Volker Boehme-Neßler, zum wiederholten Mal eine Geringschätzung des Grundgesetzes durch Regierungspolitiker zum Ausdruck. Er befürchtet einen stillen Tod des Grundgesetzes. Erstaunlich und bezeichnend für die deutsche Öffentlichkeit ist, dass die Frage nach der Verantwortlichkeit kaum gestellt wird. Ein deutlicherer Ausweis des Scheiterns einer Regierung und eines Kanzlers als das Verfassungsgerichtsurteil ist kaum vorstellbar. Wer solches zu verantworten hat, so behaupte ich, sollte aber nicht länger in Regierungsverantwortung stehen. Mein Chef Alexander Marguier sieht den Finanzminister und FDP-Chef als potentiellen Profiteur dieser verfahrenen Situation. Denn, so schreibt er, jetzt sei für ihn die Gelegenheit da, seine Partei entweder mit glaubwürdigem Anlass aus der Koalition heraus zu führen oder der Koalition einen klaren marktwirtschaftlichen Kurs aufzwingt, der die Mitglieder und Anhänger seiner Partei zufriedenstellt. Beide Optionen zur Beendigung der Existenzkrise der FDP stehen jetzt offen. Lindners grüne Koalitionspartner kamen an diesem Wochenende zu ihrer Bundesdelegiertenkonferenz zusammen. Cicero-Autor Mathias Brodkorb hat sich die Wortmeldungen zum Thema Migration genau angehört und kommt zu einem anderen Ergebnis als viele Beobachter: Nur scheinbar hat sich da die migrationspolitische Vernunft durchgesetzt, als ein Antrag der Grünen Jugend abgelehnt wurde. Denn man stritt nur um die Taktik, wie das gemeinsame Ziel erreicht werden kann. Und das heißt weiterhin: mehr statt weniger Zuwanderung. Apropos Zuwanderung. In Frankreich war ein tödlicher Messerangriff einer Bande auf eine Dorfparty der Anlass für hoch emotionale Debatten über (gescheiterte) Integration und die Zuwanderungspolitik generell. Oppositionspolitiker sprechen von einem „antiweißen Rassismus“ als Motiv der Täter. Das Thema innere Sicherheit ist in Deutschland nicht weniger drängend als in Frankreich. Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier hat darum in der aktuellen Ausgabe des Hard-Talk mit dem ehemaligen BND-Präsidenten Gerhard Schindler, Bundespolizeigewerkschafter Manuel Ostermann und der Journalistin Susanne Gaschke über den alarmierenden Niedergang der inneren Sicherheit gesprochen. Sehen Sie sich die Sendung hier an! Für große Aufmerksamkeit weit über die Niederlande hinaus sorgte der Wahlsieg der Partei PVV des als Rechtspopulist geschmähten Geert Wilders. Auch in den Niederlanden scheuten bislang andere Parteien die offene Koalition mit ihm, doch eine Brandmauer wie hierzulande gibt es dort nicht. Gut möglich also, dass Olaf Scholz bald nicht nur eine italienische Postfaschistin als Ministerpräsidentin mit „liebe Giorgia“ anspricht, sondern demnächst auch einen niederländischen Populisten als „lieber Geert“. Und mein Kollege Ben Krischke stellt sich und uns allen schon offen die Brandmauer-Frage, über die deutsche Politiker noch dröhnend schweigen: Was, wenn eine AfD, wie nun die PVV in den Niederlanden, wirklich stärkste Kraft wird? Einen geruhsamen Sonntagabend wünscht Ihnen Ihr Ferdinand Knauß, Redakteur |