als Friedrich Merz im dritten Anlauf den Vorsitz einer zutiefst verunsicherten Union errungen hatte, der das Selberdenken von der scheinbar ewigen Kanzlerin gründlich abtrainiert worden war, trauten es viele dem Sauerländer immer noch nicht zu, das schwarze Haus wieder in Ordnung zu bringen. Viel zu lange sei er dem politischen Betrieb fern gewesen, hieß es: ein Gewächs der 1980er Jahre, noch dazu unberechenbar in seiner Wortwahl, nicht ausreichend gut vernetzt. Und überhaupt ein alter weißer Mann. Inzwischen redet so niemand mehr, zumindest nicht in der CDU. Denn Friedrich Merz ist es nicht nur gelungen, die Partei zu konsolidieren. Und überhaupt: Wenn nicht alles schiefgeht, könnte Merz im nächsten Jahr sogar Bundeskanzler werden. Mein Kollege Volker Resing, Ressortleiter Berliner Republik, wirft in der Titelgeschichte unserer April-Ausgabe nicht nur einen Blick zurück, sondern auch nach vorne: Kann Merz Kanzler? Lesen Sie hier das Editorial von Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier. Unwahrscheinlich allerdings, dass sich die Lage des Landes bis zu den Bundestagswahlen im kommenden Jahr merklich verbessern wird. Ein Beispiel: Der Druck auf den Wirtschaftsstandort Deutschland durch Krieg und wettbewerbsverzerrende Maßnahmen aus Drittstaaten nimmt dramatisch zu. Gerdet darüber wird viel, wenn auch gern beschönigend, etwa von Robert Habeck. Nur Lösungen scheinen nicht in Sicht. Dabei ist Lage sogar zu ernst für parteipolitische Ränkespiele, meint Ex-BDI-Chef Joachim Lang. Ein anderer ehemaliger Kanzler lebt derweil nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert ... In seinem jüngsten Interview bekennt sich Gerhard Schröder erneut zu seiner Freundschaft mit Wladimir Putin. Dass Schröder seine Reputation noch weiter aufs Spiel setzt, ist mit Alterssturheit kaum erklärbar. Eher dürfte es mit den Umständen zu tun haben, wie Schröder einst zu seinem Gazprom-Posten kam, analysiert der Rechtsanwalt Gernot Fritz, einst unter anderem Chef des Bundespräsidialamtes. Diffamierung gehörte zum rhetorischen Standard während der Corona-Pandemie: Die einen waren „Horrorclowns“ und „völlig irre“, die anderen „Tyrannen“, „Bekloppte“, „Gefährder“, im Zweifelsfall sogar „Todesengel“. Nun fordern immer mehr Politiker eine Aufarbeitung der Virus-Zeit – nur um mit dem nächsten Halbsatz weiter an der gesellschaftlichen Spaltung zu arbeiten. Mein Kollege Ralf Hanselle fragt: Wie aber kann ein Weg aus der Krise wirklich gelingen? Bei all dem Trubel in dieser Welt, ist es ein wahrer Segen, sich hin und wieder zurückzuziehen mit einem guten Buch. Unsere Literaturen im März liefern dafür nicht nur glänzende Anregungen, sondern vielleicht auch einen Tipp für ein Last-Minute-Ostergeschenk: Rüdiger Safranski legt eine imposante Annäherung an das Werk des Genies Franz Kafka vor, Menachem Kaiser sucht in Polen nach Spuren seiner jüdischen Familie, und Volker Reinhard erzählt Giordano Brunos Leben in seinen Widersprüchen. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre. Haben Sie ein schönes Osterfest. Ihr Ben Krischke, Leitung Cicero Digital |