OpenAI plant Provisionen auf Verkäufe über ChatGPT – und läutet damit eine neue Ära der KI-Marktplätze ein. Während Amazon und Shopify KI-Agenten aussperren, zeigt sich: Jeder will Plattform sein, niemand will aggregiert werden. |
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Die Meldung: ChatGPT als vollwertiger Marktplatz |
Die Financial Times enthüllte gestern OpenAIs nächsten strategischen Schachzug: ChatGPT soll künftig nicht nur Produkte empfehlen, sondern auch direkt verkaufen. Das KI-Unternehmen entwickelt ein integriertes Checkout-System, das Nutzer ihre Käufe komplett innerhalb der Plattform abschließen lässt. Händler, die darüber Bestellungen erhalten, zahlen eine Provision an OpenAI. |
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Die Details zeigen, wie weit die Pläne bereits gediegen sind: |
- OpenAI und Partner wie Shopify präsentieren Marken bereits frühe Versionen
- Finanzielle Konditionen werden aktiv verhandelt
- Die Checkout-Funktion soll sicherstellen, dass Transaktionen innerhalb von ChatGPT bleiben
- Sam Altman sprach bereits im März von einer "2 Prozent Affiliate-Gebühr"
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Für OpenAI, das bisher hauptsächlich mit Premium-Abonnements Geld verdient, erschließt dieser Schritt eine völlig neue Einnahmequelle: die 800 Millionen monatlich aktiven Nutzer der kostenlosen Version. |
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Der Druck: Warum OpenAI neue Einnahmequellen braucht |
Die Marktplatz-Pläne kommen nicht von ungefähr. OpenAI steht unter enormem finanziellen Druck: Das Unternehmen verbrennt aktuell etwa 5 Milliarden Dollar jährlich und erwartet, dass die Verluste 2025 auf 14 Milliarden Dollar steigen. Pro Dollar Umsatz gibt OpenAI 2,25 Dollar aus – eine katastrophale Bilanz. |
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Die Kostentreiber sind gewaltig: |
- Training der KI-Modelle: 3 Milliarden Dollar
- Betrieb von ChatGPT: 4 Milliarden Dolla
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Trotz kürzlich eingesammelter 16 Milliarden Dollar an Investorengeldern wird OpenAI voraussichtlich erst 2029 profitabel. Der Druck, neue Einnahmequellen zu erschließen, ist existenziell. Die Marktplatz-Strategie ist keine Option – sie ist eine Notwendigkeit. |
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Die neue Kategorie: KI-Marktplätze als existenzielle Bedrohung |
Was hier entsteht, ist nichts weniger als eine neue Kategorie von Marktplätzen. Der E-Commerce-Experte Scot Wingo bringt es auf den Punkt: Wir bewegen uns vom "Agentic Checkout" zum "Agentic Marketplace". Der Unterschied mag subtil klingen, ist aber revolutionär.
Heute noch leiten KI-Assistenten Nutzer zu externen Shops weiter. Morgen wickeln sie die komplette Transaktion selbst ab. Wingo prognostiziert massive Disruption: |
- Amazon Marketplace: 160 Milliarden Dollar Volumen in Gefahr
- eBay: 10 Milliarden Dollar
- Shopify-Payments: 7 Milliarden Dollar jährlich
- Retail Media Networks: 160 Milliarden Dollar Markt bedroht
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"Das sind 600 Milliarden Dollar auf dem Tisch", rechnet Wingo vor. Und das nur im E-Commerce-Bereich. |
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Der Abwehrkampf: Amazon und Shopify sperren KI-Agenten aus |
Die Reaktion der etablierten Player zeigt, wie ernst die Bedrohung ist. Letzte Woche blockierte Amazon Googles Shopping-Agent in seiner robots.txt-Datei. Diese Woche zog Shopify nach und verbot allen KI-Bots das automatisierte Checkout auf seinen Millionen von Händler-Websites. |
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Die neue Shopify-Regel ist eindeutig: "Automatisiertes Scraping, 'Buy-for-me'-Agenten oder jeglicher End-to-End-Flow, der Zahlungen ohne finale menschliche Überprüfung abschließt, ist nicht erlaubt." |
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Juozas Kaziukėnas, Gründer von Marketplace Pulse , bringt das Dilemma auf den Punkt: "Niemand will der Ort sein, wo KI-Agenten einkaufen – jeder will die KI-Agenten bauen, die das Einkaufen übernehmen." |
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Das Paradoxon der Plattform-Ökonomie |
Hier zeigt sich das fundamentale Paradoxon der neuen Plattform-Ökonomie: Amazon will keine KI-Agenten auf seiner Website shoppen lassen – entwickelt aber selbst "Buy for Me"-Features für andere Websites. Shopify will seine Händler nicht zu einem Schaufenster für KI-Tools degradieren lassen – arbeitet aber gleichzeitig mit OpenAI zusammen. |
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Die Ironie: Während die großen Plattformen versuchen, ihre Tore zu schließen, könnten sie ihre eigenen Verkäufer in die Arme der KI-Marktplätze treiben. |
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Wingos hypothetisches Verkaufsgespräch an Amazon-Händler klingt verlockend: "Wir haben euch X Dollar Umsatz über Amazon vermittelt. Unsere Analyse zeigt: Direkt auf ChatGPT würdet ihr 50% mehr verkaufen. Und statt 14-17% zahlt ihr nur 10% Provision." |
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Was das für Händler und Marken bedeutet |
Die Entwicklung stellt Händler vor fundamentale Fragen: |
- Kanalstrategie neu denken: KI-Marktplätze werden zur neuen Realität – ignorieren ist keine Option
- Datenhoheit sichern: Wer kontrolliert die Kundenbeziehung, wenn KI den Kauf abwickelt?
- Markenbildung intensivieren: In einer Welt der KI-Empfehlungen wird Markenloyalität noch wichtiger
- Technologie-Stack anpassen : Integration mit KI-Plattformen wird zur Kernkompetenz
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Fazit: Die Marketplace Convention als Navigationshilfe |
Die Entwicklungen der letzten Tage bestätigen: KI ist kein Zukunftsthema mehr, sondern bestimmt bereits heute die Spielregeln im E-Commerce neu. Auf der Marketplace Convention 2025 werden wir genau diese Themen vertiefen – von konkreten KI-Anwendungen bis zu strategischen Überlegungen für die Post-Plattform-Ära. |
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Denn eines ist klar: Wer die KI-Revolution verschläft, wird morgen von Plattformen abhängig sein, die es heute noch gar nicht gibt. Zeit, die eigene Strategie zu überdenken. |