Sehr geehrte Damen und Herren, | | Pia Heinemann Ressortleiterin Wissen |
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| die zweite Coronawelle ist da – und trotzdem sind viele Menschen in Deutschland unbeschwert, sie gehen aus, in Restaurants, Cafés, treffen sich zum Feiern. Zu diesem Phänomen sagt der renommierte Angstforscher Borwin Bandelow: Die Bürger hätten in den vergangenen Monaten gelernt, mit der Angst vor dem Virus zu leben. „Am Anfang haben die Menschen sehr stark reagiert. Das ist immer so, wenn eine Gefahr neu ist und unbeherrschbar erscheint.“ Nach dem ersten Monat der Angst sei dann eine neue, zweite Phase eingetreten. Die Menschen wagten wieder etwas. Die Zeit der großen Furcht war vorbei, aber der Respekt vor dem Virus blieb. Mittlerweile befinden wir uns in Phase drei – immer mehr nehmen die Gefährlichkeit von Covid19 nicht mehr ernst. Angstforscher Bandelow erklärt diese Entwicklung so: Jeder habe sich ein „persönliches Risikoprofil“ zurechtgelegt. Menschen lernten aus Erfahrungen. Je nachdem wie nah der Einzelne dem Virus gekommen ist, im Familien- und Freundeskreis oder bei der Arbeit, ist seine individuelle Angst vor dem Infektionsgeschehen. In Zeiten einer Pandemie ist dieses persönliche Lernen gefährlich. Denn die Lernphase hat im Sommer stattgefunden, in den warmen Monaten also, in denen sich ein Großteil des Lebens nach draußen verlagern ließ – und damit auch die Ansteckungsgefahr gering war. Jetzt aber kommen die dunklen, kalten Monate, die für die Ausbreitung von Viren traditionell die beste Zeit im Jahr sind. Und die Menschen verhalten sich so wie Sars-CoV-2 es gerne mag: Sie rücken zusammen, ohne Angst, denn die haben sie ja verlernt. Diejenigen, die in den vergangenen Monaten den Eindruck gewonnen haben, Corona könne ihrem Leben und dem ihrer Liebsten nichts anhaben, werden nun zum großen Problem. Denn sie liegen falsch: Selbst wenn das eigene Risikoprofil Entwarnung für eine Infektion gibt, so sind die Folgen eines achtlosen, oder wie Borwin Bandelow wohl sagen würde, eines respektlosen Umgangs mit Corona fatal. Eine ansteckende Erkrankung ist niemals nur das Problem eines Einzelnen, weshalb es unklug ist, den Umgang mit dem Virus auf ein erlerntes persönliches Risikoprofil zu stützen. In einer Pandemie muss jeder seinen Blick weiten, weg vom Infektionsrisiko im Hier-und-Jetzt, hin zu den Folgen einer unkontrollierbaren Ausbreitung von Morgen und Übermorgen. Schließlich werden auch Menschen aus den Nicht-Risiko-Gruppen am Ende von Corona erwischt, sozusagen durch die Hintertüre: Das gesellschaftliche Leben könnte ihretwegen auf Null gefahren werden, die Wirtschaft noch weiter einbrechen und das Krankenhaussystem an seine Grenzen stoßen. Wir sind es gewöhnt, Ängste subjektiv und aus der aktuellen Situation zu bewerten. Die kommenden Wochen der Pandemie aber könnten uns lehren, dass das nicht der richtige Weg ist. Was den Tag heute bestimmt, darüber berichtet für Sie jetzt aus dem WELT-Newsroom meine Kollegin Judith Mischke. |
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WAS HEUTE SCHLAGZEILEN MACHT |
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Quelle: Marius Becker/dpa |
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RKI meldet Verdopplung von Corona-Infektionen |
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Die Gesundheitsämter haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) am Montag 8685 Corona-Neuinfektionen gemeldet – doppelt so viele wie vor einer Woche. Erfahrungsgemäß sind die Fallzahlen an Sonn- und Montagen niedriger, weil am Wochenende weniger getestet wird. Am Montag vor einer Woche hatte die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden bei 4325 gelegen. Erst am Samstag war mit 14.714 Neuinfektionen ein neuer Höchstwert seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland erreicht worden. Inzwischen zählt außerdem mehr als jede zweite Kommune in Deutschland als Risikogebiet: Bundesweit haben 251 von 412 Land- und Stadtkreisen den Warnwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner überschritten. |
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Umsätze in Gastronomie brechen um mehr als 40 Prozent ein |
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Die Gastronomiebranche in Deutschland hat von März bis August rund 40,5 Prozent Verluste im Vergleich zu ihren Einnahmen vom Vorjahr gemacht. Das teilte das Statistische Bundesamt mit. Während die Einnahmen im April mit gut 68 Prozent am stärksten sanken, fielen sie nach der zwischenzeitlichen Lockerung von Corona-Beschränkungen im August nur noch um rund 22 Prozent. Für viele Gastronomen bleibt die Lage aber existenziell. Die steigende Zahl von Corona-Neuinfektionen drückt auch auf die Stimmung der Unternehmen in Deutschland insgesamt, wie aus dem Ifo-Geschäftsklimaindex hervorgeht. Im Oktober fiel der Index auf 92,7 Punkte, nachdem er im Vormonat noch bei 93,2 Zählern gelegen hatte. Es ist der erste Rückgang seit fünf Monaten. |
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Verdi fordert mehr Pflegepersonal |
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Nach der Tarifeinigung über höhere Einkommen in der Pflege dringt Verdi-Chef Frank Werneke nun auf mehr Personal in den Kliniken und Pflegeeinrichtungen. „Es ist gut, dass wir in der Pflege auf der finanziellen Seite etwas bewegen konnten." „Das ändert aber erst einmal nichts an dem großen Personalmangel in der Pflege." Daher wolle Verdi das Thema in den kommenden Monaten „mit großem Nachdruck verfolgen." Insgesamt steigen die Löhne und Gehälter für die 2,3 Millionen Beschäftigten der Kommunen und des Bundes zum April 2021 um 1,4 Prozent und zum April 2022 um 1,8 Prozent. |
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Arabische Länder starten Boykott französischer Waren |
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Mehrere arabische Länder haben einen Boykott gegen Frankreich gestartet. Händler in Jordanien, Katar und Kuwait nahmen französische Waren aus ihren Filialen. Hintergrund sind Aussagen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er hatte nach dem brutalen Mord an dem Lehrer Samuel Paty erklärt: Frankreich werde nicht „auf Karikaturen und Zeichnungen verzichten, auch wenn andere sich davon zurückziehen.“ Paty hatte Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt, um über das Thema Meinungsfreiheit zu debattieren. |
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WORÜBER HEUTE DISKUTIERT WIRD |
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Quelle: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa |
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Die CDU hat entschieden: Annegret Kramp-Karrenbauer bleibt Parteichefin – zumindest noch eine Weile länger als ursprünglich geplant. Der für den 4. Dezember vorgesehene Parteitag, auf dem ein neuer Vorsitzender gewählt werden sollte, wird verschoben. Für das Kandidatenrennen zwischen Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen bedeutet das: es geht in die Verlängerung. Die Extrarunde kommt allerdings nicht allen dreien gleichermaßen gelegen. Laschet kann darauf hoffen, dass er als Ministerpräsident von NRW die Zeit nutzen kann, um als Krisenmanager Profil zu gewinnen. Jetzt, wo es beim CSU-Kollegen Markus Söder nicht wirklich rundläuft, ist das seine Chance, zum konservativen Posterboy der Corona-Bekämpfung zu werden. Eine Chance, die qua Amt weder Merz noch Röttgen haben. Merz hat kein Amt und Röttgen ist ein Mann der Außenpolitik. Merz hatte bis zuletzt vehement dafür gekämpft, den Parteitag wie geplant stattfinden zu lassen („Auch wenn ein Präsenzparteitag schwierig sein wird, bin und bleibe ich der Meinung, dass die CDU noch in diesem Jahr die offene Führungsfrage klären muss“, so Merz auf Twitter). Sein Drängen könnte mit seinen guten Umfragewerten zu tun haben und dem Wunsch, dieses Momentum zu nutzen. Denn 45 Prozent der CDU-Mitglieder würden sich für ihn entscheiden, für Laschet hingegen nur 24 Prozent, wie eine aktuelle Forsa-Umfrage zeigt. Röttgen liegt mit 13 Prozent abgeschlagen hinten. Nun also haben sich das CDU-Präsidium und der Bundesvorstand festgelegt: Der Parteitag solle im neuen Jahr stattfinden, idealerweise in Präsenz. Wenn dies nicht möglich sei, solle ein digitaler Parteitag abgehalten werden. Fehle dafür noch die Gesetzesgrundlage, solle per Briefwahl abgestimmt werden. | |
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WAS HEUTE NOCH WICHTIG WIRD |
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Quelle: Anna Moneymaker/Pool via REUTERS |
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In den USA soll trotz des heftigen Widerstands der Demokraten die wichtige Neubesetzung für den Supreme Court noch heute Abend besiegelt werden – eine Woche vor den US-Wahlen. Der von den Republikanern um US-Präsident Donald Trump dominierte Senat stimmte am Sonntag mit 51 zu 48 Stimmen dafür, die Befragung der von Trump nominierten Kandidatin Amy Coney Barrett (im Foto) einzuschränken, sodass das endgültige Votum heute stattfinden kann. Die 48-jährige Katholikin soll Nachfolgerin der liberalen Richterin Ruth Bader Ginsburg werden, die vor rund fünf Wochen im Alter von 87 Jahren gestorben war. |
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Quelle: picture alliance / Michael Kappeler/dpa |
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Er wird in der deutschen Politik fehlen: Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann ist am Sonntagabend überraschend verstorben. Der 66-jährige SPD-Mann war bei TV-Arbeiten mit dem ZDF plötzlich zusammengebrochen und in ein Krankenhaus in Göttingen gebracht worden, wo er verstarb. „Oppermann galt als fairer Pragmatiker – und als ehrgeizig. Er war einer, über den man sich in der Partei Anekdoten erzählt", schreibt WELT-Autor Claus Christian Malzahn im Nachruf auf Oppermann. Einer, der viel Ahnung hatte und zugleich wusste, „wo die Schwächen seiner Partei lagen." Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich bestürzt und traurig über den Tod Oppermanns. Sie habe ihn über viele Jahre als „verlässlichen und fairen sozialdemokratischen Partner" geschätzt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil schrieb auf Twitter: „Die Nachricht vom plötzlichen Tode meines Kollegen und Genossen Thomas Oppermann erfüllt mich mit tiefer Trauer." Und weiter: „Thomas hat sich mit Leidenschaft und Verstand um unser Land und die Sozialdemokratie verdient gemacht. Meine Gedanken sind bei seiner Familie.“ | |
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Ich wünsche Ihnen einen sorgenfreien Nachmittag. Pia Heinemann Ressortleiterin Wissen | |
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MEINE WELTPLUS-EMPFEHLUNGEN FÜR SIE |
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DÜSTERE PROGNOSE „DIE ZWEITE WELLE WIRD GRÖSSER ALS DIE ERSTE" Der Intensivmediziner Stefan Kluge befürchtet Personalengpässe in den deutschen Kliniken. Wie schlimm ist die Lage wirklich? Zum Artikel | |
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QANON IM HERZEN DER WELTVERSCHWÖRUNG Wie gefährlich sind die Vertreter des mysteriösen „Q" hierzulande? Zum Artikel | |
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RECHTSEXTREMISMUS DER MÖRDER UND DER PATE Brisante Dokumente des Verfassungsschutzes belegen, dass der mutmaßliche Lübcke-Mörder Stephan E. gute Kontakte zur Neonazi-Szene pflegte. Zum Artikel | |
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