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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 31.03.2020 | Überwiegend bedeckt bei max. 5 °C. | ||
+ 500 Euro Strafe für grundloses Rausgehen – Senat diskutiert Bußgelder + Ex-IBB-Chef: „Die Stimmung verzweifelter Unternehmer droht zu eskalieren“ + Schon jetzt mehr Fälle häuslicher Gewalt in Berlin + |
von Ann-Kathrin Hipp |
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Guten Morgen, die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Katja Suding ist „nachdenklich“ in diese Woche gestartet. „Was ist das Leben wert, wenn wir uns die Freiheit zu leben nehmen lassen?“, schrieb sie via Twitter. Die Antwort kam als Gegenfrage: „Wie frei ist man denn noch gleich, wenn man nicht mehr am Leben ist?“ Die (Nicht-)Freiheit ist eine der grundlegenden Variablen der Coronakrise. Keiner weiß genau, keiner kann genau wissen, wie viele Einschränkungen tatsächlich geboten und wie lange wir gezwungen sind, sie auszuhalten. Es ist deshalb wichtig, die politischen Maßnahmen immer wieder zu hinterfragen. Es ist aber mindestens genauso wichtig, sich an die gegebenen Verordnungen zu halten und zu verstehen, dass sie durch eine absolute Notlage begründet sind. „Alle über 70-Jährigen in Quarantäne – was für ein Irrsinn“, schrieb uns vergangene Woche eine Checkpoint-Leserin (obwohl das „nur“ eine Empfehlung war). „Ich selbst bin 27 Jahre und versuche jegliche Kontakte zu meiden“, schrieb ich zurück. Dieses Virus ist da und gefährlich und zum Wohle aller bedeutet das für eine Weile: sich selbst einschränken. Denn auch wenn viel gerade ungewiss ist, ist eins ziemlich sicher: Es kann nur gut werden, wenn wir jetzt verzichten. | |||||
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Was passiert, wenn sich eine Situation so zuspitzt, dass sie kaum mehr zu kontrollieren ist, zeigt sich im rund 200 km entfernten Wolfsburg: Bereits 17 BewohnerInnen des Hanns-Lilje-Heims für alte und demente Menschen sind hier an einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Ein Wolfsburger Anwalt hat nun Strafanzeige wegen fahrlässiger Tötung gegen den Betreiber des Heims, die Wolfsburger Diakonie gestellt. Die hygienischen Zustände seien mangelhaft, Schutzmaßnahmen erst zu spät getroffen worden. Virologe Christian Drosten spricht angesichts der Ausbreitung unter Älteren von einer neuen Phase der Corona-Pandemie in Deutschland – und rechnet mit steigenden Sterblichkeitsraten. | |||||
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Berlin zählt aktuell 2.581 bestätigte Infektionen und 13 Todesfälle. 1.055 Menschen sind genesen. Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Montag abgelehnt. Längere Aufenthalte in Parks und das Sitzen auf Bänken und Wiesen sollen weiterhin verboten sein. Der Entwurf für einen entsprechenden Bußgeldkatalog wird am heutigen Dienstag im Senat diskutiert. Wer den Mindestabstand (Berlinerin – 1,50 Meter – Berlinerin) nicht einhält, könnte 50 bis 500 Euro zahlen. Für den Verstoß gegen die Ausweispflicht sind 25 bis 75 Euro vorgesehen, beim Aufenthalt außerhalb der Wohnung ohne triftigen Grund bis zu 500 Euro und für geöffnete Betriebe, die geschlossen sein müssten bis zu 10.000 Euro. Eine Straftat begeht, wer Veranstaltungen oder Zusammenkünften „ab drei Teilnehmern“ besucht. Die Grenzen der Berliner Freiheit finanziell festgeschrieben in einer Verordnung? „Das ist der Entwurf einer Senatsverwaltung, der so nicht beschlossen wird“, teilte MdA Niklas Schrader (Linke) schonmal vorab mit – via Twitter. | |||||
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Je schneller, desto besser: Der Bau des Berliner Corona-Krankenhauses soll am morgigen Mittwoch starten. Nach Tagesspiegel-Informationen hat sich Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) mit den landeseigenen Vivantes-Kliniken darauf geeinigt, dass deren Experten helfen. Die Projektleitung übernimmt Albrecht Broemme, früherer Berliner Feuerwehrchef und Ex-Präsident des Technischen Hilfswerks, der bereits in Krisenregionen beim Aufbau von Lazaretten geholfen hat. 1000 Betten und 800 Mitarbeiter sind geplant. Das Personal sollen vor allem mobilisierte Pensionäre, Medizin-Studenten und Beschäftigte aus derzeit geschlossenen Reha-Einrichtungen stellen. | |||||
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Trotz fehlender Schutzausrüstung und Unterstützung: Die Berliner Ärztin Sibylle Katzenstein zeigt, wie man eine Hausarztpraxis pandemietauglich macht. Bereits vor vier Wochen hat sie angefangen, ihren Job mehr oder weniger kontaktlos zu gestalten. PatientInnen werden nach einer telefonischen Beratung entweder zuhause besucht oder einzeln empfangen – Corona(verdachts)fällen wird ein Selbsttest angeboten. „Ich habe keine einzige Atemschussmaske verbraucht und niemanden gefährdet“, sagt Katzenstein und fordert, alle Sektoren des Gesundheitssystems in die Krise einzubinden. Ihre Idee: Eine Versorgungskette vom 1) Hausarzt, der Patienten durch eine Plexiglasscheibe beurteilen kann, zu 2) ambulanten radiologischen Praxen, die Corona-Patienten röntgen, hin zu 3) der Entscheidung, ob die Patienten in Heimquarantäne kommen (keine Lungenentzündung) oder auf die Intensivstation (schwerer Verlauf). Es kommentiert Grünen-Politiker Cem Özdemir: „Ihre Ideen könnten zum Vorbild werden, um Praxisschließungen zu vermeiden. Oder Kassenärztliche Bundesvereinigung?“ | |||||
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Corona weltweit: In Italien hat sich die Zahl der Neuinfektionen stabilisiert – das Land denkt über das Ende des Shutdowns nach. Spanien verschärft seine Maßnahmen – ArbeitnehmerInnen, die in nicht wesentlichen Sektoren tätig sind, müssen bis zum 9. April zu Hause bleiben. In Österreich müssen Menschen künftig in Supermärkten Mund- und Nasenschutz tragen – mittelfristig auch bei allen Aufenthalten in der Öffentlichkeit. In Ungarn hat das Parlament Ministerpräsident Viktor Orban Zusatzrechte ohne Befristung eingeräumt – im Rahmen des Notstands kann er jetzt von unbegrenzter Dauer per Dekret regieren. In Indien fliehen Hunderte Millionen Menschen trotz – oder gerade wegen – der Ausgangssperre in ihre Heimatdörfer. In China sind Fälle häuslicher Gewalt während der Quarantäne um ein Drittel gestiegen. In den USA sagt Präsident Donald Trump, wenn es gelinge, die Todeszahl durch die getroffenen Eindämmungsmaßnahmen auf 100.000 zu begrenzen, „dann haben wir alle zusammen einen guten Job gemacht“. | |||||
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Ein Großteil der Welt steht still. Was macht das mit uns? Der Checkpoint hat nachgefragt – bei einem, der sich seit 30 Jahren mit der Zeit beschäftigt und ohne Uhr durchs Leben geht. „So schnell war Entschleunigung noch nie“, schreibt Karlheinz Geißler vom Münchner Institut für Zeitberatung „times and more“. „Die Selbstvergewisserung: ‚Ich eile, also bin ich‘ funktioniert nicht mehr und die zur Demonstration der eigenen Bedeutsamkeit oft und gerne eingesetzte vorgestanzte Floskel: ‚Tut mir leid, keine Zeit!‘ läuft nun auch ins Leere. (…) ‚Tempo rausnehmen!‘ lauten die eindringlichen Appelle und Mahnungen der Politiker an ihre Landsleute. Keine schlechte Idee! Die ihnen folgen werden die Erfahrung machen: ‚Dass es so leicht ist, nichts mehr tun zu wollen. Dass es uns so schwerfällt, wirklich nichts zu tun‘ (E. Bloch). Jetzt, da wir gezwungen sind, im Haus zu bleiben, abzuwarten und auszuhalten, ist die Zeit kein knappes Gut mehr. Sie ist nicht mehr wie bisher vor allem Geld. (…) Ausprobieren sollten wir einmal, ob das Leben nicht auch dann ganz schön ist, wenn man nicht jeden Morgen im Eiltempo die Wohnung verlässt um anschließend im Stau, da der erste Termin des Tages zu platzen droht, ins Schwitzen zu kommen. Heute, wo die Erkenntnis zugemutet wird, dass Leben nicht später, sondern jetzt stattfindet, ist es an der Zeit, sich an die wirklich wichtigen Fragen des Lebens zu machen: Wie will ich eigentlich leben? Wann ist es genug? Was tut mir gut, was macht mich zufrieden? Schluss mit der Ausrede: ‚Eigentlich bin ich ganz anders, ich komm nur so selten dazu‘ (Horváth). Zeit haben wir genug.“ | |||||
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