ich erinnere mich noch ziemlich genau an den Tag im Frühjahr 2023, an dem ich meinen Elterngeldantrag abgeschickt habe – dick wie eine Broschüre, im Anhang gefühlt jede Gehaltsabrechnung seit dem ersten Ferienjob. Damals dachte ich noch, das Schwierigste sei, unsere Tochter nachts zum Schlafen zu bringen. Heute weiß ich: Bürokratie ist härter. Denn nun begann das Warten. Die Bewilligung dauerte. Und dauerte.
Daran hat sich bis heute nichts geändert – im Gegenteil: Vor dem Bezirksamt Eimsbüttel fand gestern eine Demo mit rund einem Dutzend junger Mütter statt, die seit Monaten auf ihr Elterngeld warten. Der zuständige Dezernent versuchte eher hilflos, die Misere zu erklären.
Klar, die Materie ist kompliziert. Ja, es müssen Daten abgefragt werden vom Arbeitgeber, von der Rentenversicherung und den Krankenkassen, die auch nicht immer zeitnah antworten. Die Ämter sind überlastet, weil unterbesetzt.
Aber: Elterngeld ist kein Bonus, den man sich mal gönnt. Es ist eine tragende Säule moderner Familienpolitik – gedacht, um Eltern zu entlasten, nicht um sie in Existenzängste zu treiben. Wir hatten damals Rücklagen und konnten entspannt bleiben. Ein Privileg, für das ich dankbar bin, aber kein Puffer, den die Behörden auf Hamburger Familienkonten einfach mal voraussetzen dürfen.
Eine Mutter, die auf der Demo ein Schild in die Höhe reckte, wartet seit vier Monaten auf die Bewilligung des Antrags. Um die Familie über Wasser zu halten, arbeitet der Vater ihrer kleinen Tochter derzeit zwölf Stunden am Tag, sieht sein Kind kaum. Willkommen in der Elternzeit.
Kommen Sie gut in den Donnerstag!
Herzlich,
Eva Jost
Digitalchefin
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