Regelmäßige Leserinnen und Leser werden wissen, dass der Tag bei mir immer mit dem Deutschlandfunk beginnt. Vieles ist da Ritual wie die Morgentoilette, die Presseschau, die Zusammenfassung am Ende, der Blick in Wirtschaft und Sport. Aber manchmal kommt auch eine knüppeldicke Überraschung. So heute morgen. Ich muss zugeben, ich bin bisher kein großer Fan des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow gewesen. Er verströmt oft so eine Selbstherrlichkeit, die ich nicht gut haben kann. Aber heute morgen hat er mir schwer imponiert. Denn er war gar nicht selbstherrlich. Er hat den Satz „Ich muss zugeben“ ungefähr sechs bis siebenmal gesagt– und eingeräumt, dass er in seiner bisher eher lockeren Corona-Politik völlig falsch lag. Dass das ein folgenschwerer Irrtum war zu glauben, das Virus mache einen Bogen um Thüringen. Er erzählte erschüttert von seiner Schwiegermutter im italienische Parma, die nur noch in einem Umkreis von hundert Metern um ihre Wohnung herum raus darf. Der Moderator Jürgen Zurheide, so war mein Eindruck, konnte sein Glück auch kaum fassen, dass auf seine Eingangsfrage: „Was haben Sie falsch gemacht?“ ein Politiker zusammengefasst antwortet: „Alles. Ich habe alles falsch gemacht. Ich habe mich total geirrt und alles falsch gemacht.“ Wann hat ein Politiker diesen Mut, das zuzugeben? Bodo Ramelow ist heute auch bei der Schalte der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin dabei. Diese Treffen sind zu einem festen Bestandteil unseres Lebens in Zeiten von Corona geworden. Schon vorher stand fest, dass der Lockdown weitergehen wird bis Ende Januar, dass er möglicherweise sogar verschärft wird. Mein Kollege Alexander Marguier ordnet die Ergebnisse ein und geht auch auf die zunehmenden Spannungen in der Bundesregierung nach dem verpatzten Impfstart und dessen Schuldigen ein. Ihr Christoph Schwennicke, Chefredakteur |