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5 nach 12 - Was ist heute wichtig? Das Mittags-Update von WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie ist die Corona-Lage am Ende dieser Woche, da Deutschland sich anschickt, in die Ferien zu gehen und der ADAC vor Staus auf den Autobahnen Richtung Norden warnt? Das Robert-Koch-Institut meldet 477 Neuinfektionen für Donnerstag. Damit haben sich seit Beginn der Corona-Krise 192.556 Menschen in Deutschland nachweislich mit Sars-CoV-2 angesteckt. Am schwersten betroffen bleiben die USA vor Brasilien, dem bevölkerungsreichsten und flächenmäßig größten Land Lateinamerikas. Dort wurden in den vergangenen 24 Stunden 39.483 neue Infektionen und 1141 weitere Todesfälle verzeichnet. Insgesamt gebe es damit mehr als 1,2 Millionen bekannte Fälle und 54.971 Todesfälle. Die Zahl der bekannten Neuinfektionen in den USA steigt auf den Rekordwert von 39.818 neue Fällen. In dieser Woche haben die Bundesstaaten Alabama, Arizona, California, Florida, Idaho, Mississippi, Missouri, Nevada, Oklahoma, South Carolina und Wyoming Rekordanstiege gemeldet.

Da wundert es nicht, dass in diesem Sommer nur wenige Deutsche außerhalb Europas Urlaub machen wollen: Es sind laut ARD-„Deutschlandtrend“ nur zwei Prozent. Von denjenigen, die sich bereits festgelegt haben, gibt jeder Zweite (51 Prozent) an, dieses Jahr den Urlaub zu Hause zu verbringen. Ein Drittel (35 Prozent) verreist innerhalb Deutschlands, 17 Prozent möchten in Europa verreisen.
 
Von Konrad Adenauer über Helmut Kohl bis Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer: Heute feiert die CDU ihren 75. Geburtstag. Sie tut das in einer Zeit, die ihr Umfragewerte von bis zu 40 Prozent ins Kontor spült, während die SPD, die andere große Partei der vergangenen 75 Jahre, bei jämmerlichen 15 Prozent verharrt. Auch die Grünen sind in der Wählergunst auf ein Normalmaß gestutzt – also alles in Butter bei der Union?
CDU
Meinem Kollegen Thomas Schmid ist bei Besichtigung der Selbst-Elogen der Parteigrößen aufgefallen, dass diese nur „in karger Knappheit“ auf das namensgebende C im Wappen der Partei eingehen. „In Kramp-Karrenbauers Festrede, die eine ganze Zeitungsseite gefüllt hat, muss der Leser ziemlich lange warten, bis die Autorin doch noch auf das C zu sprechen kommt.“
 
Schmid schreibt: „Es stünde der CDU im 75. Jahr ihres Bestehens nicht schlecht an, das C in ihrem Namen nicht mehr für selbstverständlich und selbsterklärend zu halten. Sondern sich ernsthaft zu fragen, ob und wie dieses C in einer Welt zu rechtfertigen ist, in der die Zivilisationsbrüche der Shoah und des Gulags noch immer zum Heute gehören.“
 
Ich empfehle Ihnen sehr, diesen nachdenklichen Text zu lesen.

 Nachrichtlich verabschiedet sich die Woche mit dem „Fleischgipfel“ bei Agrarministerin Julia Klöckner. Das Treffen war nach der Serie von Coronavirus-Ausbrüchen unter Mitarbeitern von Schlachthöfen anberaumt worden. Vor den Gesprächen mit Vertretern der Fleischwirtschaft warb Klöckner heute Vormittag für höhere Preise durch eine Tierwohlabgabe. In kaum einem anderen europäischen Land gebe es solche Dumpingpreise für Fleisch. Tierwohl, faires Auskommen und Gesundheitsschutz seien bei solchen Preisen aber nicht vorstellbar.
 
Unsere Reporterin Anette Dowideit macht noch auf einen weiteren wichtigen Aspekt aufmerksam: Schwarzarbeit. In den vergangenen vier Wochen überzog die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ die Fleisch verarbeitende Industrie mit breit angelegten, unangemeldeten Kontrollen: Rund 1400 Beamte fast aller Hauptzollämter im Land waren bis zum vorigen Freitag im Einsatz. Gemeinsam mit den Gesundheitsämtern und Arbeitsschutzbehörden der jeweiligen Kommunen kontrollierten sie die Arbeits- und die Unterbringungsverhältnisse in 150 Betrieben. Darunter waren die großen, bekannten Namen der Branche ebenso wie mittelständische Fleischverarbeiter. Dabei stießen die Beamten auf erhebliche Rechtsverstöße. Schon jetzt leiteten sie 21 Strafverfahren und 15 Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Betreiber ein – und mehr als 600 weitere mutmaßliche Verstöße gegen das Arbeits- und das Aufenthaltsrecht werden noch geprüft. Die aufgedeckten Gesetzesverstöße betrafen große Unternehmen ebenso wie kleinere.
 
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende,

Ihr



Ulf Poschardt


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