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Tagesspiegel Checkpoint vom Donnerstag, 14.04.2022 | Mild und wechselhaft, Gewitter im Tagesverlauf möglich, bei bis zu 18°C. | ||
+ Warum Rolf Mützenich im Freiheitskampf nur die Rolle des Blindgängers bleibt + Wegen zunehmender Angriffe: Berlin will Personal für IT-Sicherheit verdoppeln + Der älteste Gorilla der Welt lebt in Berlin und wird 65 Jahre alt + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, wir beginnen mit den jüngsten Ereignissen rund um den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine: +++ Die USA haben der Ukraine weitere Militärhilfen im Umfang von 800 Millionen Dollar zugesagt. Das gab das Weiße Haus am Mittwochabend nach einem Telefonat zwischen US-Präsident Joe Biden und Wolodymyr Selenskyj bekannt. +++ Russland hat Angriffe auf „Entscheidungszentren“ der ukrainischen Führung in Kiew angedroht. Darauf habe die russische Armee angeblich bislang verzichtet. +++ Polens Präsident Andrzej Duda hat den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als „Terrorismus“ verurteilt. „Dies ist kein Krieg, dies ist Terrorismus“, sagte Duda bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Staatschef Selenskyj in Kiew. Alle Neuigkeiten können Sie auch in unserem Live-Blog nachlesen. | |||
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„Niemals beleidigt sein“ – das ist ein altes Credo des Sozialdemokraten Olaf Scholz. Wie so viele Gewissheiten wird auch diese gerade über Bord geworfen. Stichwort: Zeitenwende. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wandelte Scholz‘ Motto gleich in „Jetzt erst recht beleidigt sein“ um. Er attackierte die Ukraine wegen der Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit folgenden Worten: „Bei allem Verständnis für die existentielle Bedrohung der Ukraine durch den russischen Einmarsch erwarte ich, dass sich ukrainische Repräsentanten an ein Mindestmaß diplomatischer Gepflogenheiten halten und sich nicht ungebührlich in die Innenpolitik unseres Landes einmischen.“ Nachdem sich die SPD ihre Fehler in der Russland-Politik gerade selbst verzeiht (und Gerd Schröder mit ihnen reicher und reicher wird), sollen sich die Ukrainer bitte nicht mehr so haben. Statt nun Größe im historischen Moment zu beweisen, die nachvollziehbare Kiewer Verletztheit anzunehmen, vielleicht weiter für einen Besuch des Bundespräsidenten zu werben, maßregelt der Chef der Kanzlerfraktion die Ukrainer wie Lehrer Lampe seine Schüler. Ein Affront. Verwunderlich ist Mützenichs Haltung allerdings nicht. Wenige Tage vor dem Überfall auf die Ukraine erklärte der 62-Jährige im ARD-„Morgenmagazin“, dass auch Russland berechtigte Sicherheitsinteressen habe. „Das hat nichts mit der Ukraine zu tun“, sondern „mit den USA, dem Wegfall von Rüstungsabkommen.“ Das meinte Mützenich als längst zehntausende Soldaten an der ukrainischen Grenze aufmarschiert waren. Auch seinem gestrigen Statement ist anzumerken, dass er den russischen Angriffskrieg noch immer für eine Art Regionalkonflikt zu halten scheint, in den sich Deutschland aus lauter Mutter-Theresa-Haftigkeit mit Hilfslieferungen einmischt. Putin führt aber einen Krieg gegen den Westen. Es gilt deshalb frei nach dem Sozialdemokraten Peter Struck: „Die Freiheit Europas wird in Kiew verteidigt.“ Mützenich könnte in diesem Freiheitskampf in der Rolle des Blindgängers in die Geschichte eingehen. Bei allem Verständnis. | |||
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Bundeskanzler Olaf Scholz versucht selbst kaum noch, seinem eigenen Contenance-Credo zu folgen. Schmallippig gab er in der ARD zu Protokoll, die Ausladung Steinmeiers, sei „etwas irritierend, um es höflich zu sagen“ und zählte dann auf, welche Gaben Deutschland der Ukraine bereits hat angedeihen lassen. Er sei „beeindruckt, wie sehr viele Leute es schaffen, einmal kurz zu googeln und zum Waffenexperten zu werden", bemerkte Scholz spöttisch. In die Ukraine will er auch nicht fahren. Er sei ja erst vor dem Krieg dort gewesen. Sein Problem: Solange er weder ein Gasembargo (Blockade: Deutschland, Österreich, Ungarn) noch schwere Waffen im Reisegepäck hat, wird ein Besuch in Kiew kaum zum Erfolg. Grünen-Politiker Toni Hofreiter hat die Nase voll vom Ausharren des Kanzlers: „Mit seinem Handeln schadet der Kanzler nicht nur der Lage in der Ukraine, sondern er schadet damit ganz massiv dem Ansehen Deutschlands“, sagte Hofreiter am Abend der „Deutschen Welle“. Marie-Agnes Strack-Zimmermann ergänzte in brutaler Deutlichkeit: „Ich würde ja gerne auf Granit beißen. Aber es ist ja mehr Watte, in die man beißt, weil man eigentlich gar nicht genau weiß, was der Kanzler will.“ Friedrich Merz hätte es nicht schärfer formulieren können. Was denken Sie (ohne kurz zu googeln): Müsste Scholz jetzt nach Kiew? | |||
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„Ich hab‘ noch einen Koffer in Berlin / der bleibt auch dort und das hat seinen Sinn“: 250 gehörlose Ukrainer lebten seit Anfang März in Berlin. Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten hatte ihnen versprochen, dass sie zusammenbleiben können. Nun soll der Senat sie drängen, Berlin zu verlassen – das kritisieren zumindest Flüchtlingsrat und Berliner Gehörlosenverband. Tatsächlich zeigt der Fall, wie kompliziert die Verteilung von Menschen werden dürfte, die einmal ein warmes Bett gefunden haben: Der Senat wollte in Abstimmung mit der Caritas alle in einer geeigneten Einrichtung in Köln unterbringen – in Berlin wohnten die Menschen in Hostels, in Köln gibt es ein Gehörlosenzentrum, eine Kita und einen Studiengang für Gehörlose. So sieht das der Senat, schreibt Kollegin Sabine Beikler. Doch nur ein geringer Teil der Menschen folgte dem Angebot, die Verträge mit den Hotels liefen aus. 86 Personen mussten in eine Aufnahmeeinrichtung in Pankow umziehen. Das Angebot in Köln gibt es nicht mehr. Die Gehörlosen müssen sich bis 18. April in Tegel registrieren, um weiter Sozialleistungen zu erhalten – sie kommen ins bundesweite Verteilsystem. Und womöglich weg aus Berlin. | |||
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Sicher ist sicher: Berlins Chief-Digital-Officer (CDO) will das Personal im IT-Dienstleistungszentrums Berlin (ITDZ) in dieser Legislaturperiode verdoppeln. „Wir müssen uns insgesamt noch besser rüsten, auch personell“, sagte Ralf Kleindiek (RK) dem Tagesspiegel. 700 bis 800 zusätzliche Mitarbeiter will er dafür in die Behörde holen, sagte er. Die Not ist groß. Der letzte IT-Sicherheitsbericht (ITS) bescheinigt der Berliner Verwaltung (BV) in schönstem Amtsdeutsch: „Zeitnahes Handeln ist mit Dringlichkeit zu empfehlen.“ Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der potenziellen Angriffe auf Server des Landes Berlin verdoppelt – auf 15 Millionen. Kleindiek weihte gestern gemeinsam mit Rathauschefin Franziska Giffey das „Security Operations Center“ (SOC) ein. Die neue Leitstelle gegen Cyber-Attacken wirkt wie eine Mischung aus einem Star-Treck-Raumschiff, einem halbseidenen Etablissement und einem Ort, von dem man sich in den 80er Jahren vorgestellt hat, dass so die Zukunft ausschaut. Vielleicht beschreibt das den Status Quo (SQ) der IT-Sicherheit auch am anschaulichsten. Einmal Zukunft, bitte (EZb). | |||
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Die drei Enteignungstiere: Jetzt stehen auch die Namen fest, mit denen „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ für die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheides kämpfen will: In die Enteignungskommission sollen Anna Katharina Mangold, Professorin für Europäisches Recht an der Europa-Universität Flensburg, Tim Wihl, Vertretungsprofessor für Öffentliches Recht und Neuere Rechtsgeschichte an der Universität Erfurt, und Susanne Heeg, Professorin für Geografische Stadtforschung an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main einziehen. Auch die Enteigner setzen damit zuvorderst auf juristische Expertise – wohl auch um den von der SPD gewählten Juristen in der Kommission eigenen juristischen Sachverstand entgegenzusetzen. Die Entscheidung für die drei war umstritten, weil keiner aus Berlin kommt oder der Initiative angehörte. Schließlich siegte aber Eignung vor Regional-Proporz. Das ist für eine linke Begegnung: aller Ehren wert. | |||
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