Wie geht es weiter in Östereich? +++ Trump und Putin wollen verhandeln
● Ukraine: Trump und Putin sprechen |
● Grundsteuer: Staatskasse sprudelt |
● Ostseeboden: Schwer beschädigt |
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Liebe Leserin, lieber Leser, dass Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem „Ich weiß es besser“-Virus infiziert ist, ist bekannt. Dass die Symptome bei ihm bis zum Totalausfall führen können, war mir neu. Immer mehr Details sickern gerade über eine private Feier in der Hauptstadt durch, die im Kanzler-Kalender vergangene Woche unter „Kontrollverlust“ verbucht werden müsste: Der Bundeskanzler – „I am a warrior“ (Scholz über Scholz) – auf dem Kriegspfad gegen Journalisten. Gleich vorweg: Kritische Medienvertreter sollten keine Mimosen sein, wenn sie selber kritisiert werden. Was da aber vor Zeugen, unter ihnen FOCUS-Chefredakteur Georg Meck und „Bild“-Vize Paul Ronzheimer, aus dem Kanzler-Munde kam, das war nicht kritisch, sondern ausfällig. Scholz sucht möglicherweise einen Schuldigen für seine schwindenden Wiederwahl-Chancen. An ihm selbst kann’s ja schließlich nicht liegen. Dafür an den ignoranten Journalisten, die seine Großtaten gegen illegale Migration nicht richtig würdigen – so in etwa Scholz‘ Klage bei dem Empfang. Er kanzelte dort eine öffentlich-rechtliche Führungskraft (die sich nicht äußern möchte) mit den Worten ab: „Halt den Mund" – ergänzt um eine noch deftigere Bemerkung. Andere Kollegen bezichtigte er, sich zum billigen Werkzeug von Verlegern oder, besser noch: der CDU-Pressestelle zu machen. Diese Art Verachtung kennt man von Verschwörungsschwaflern. Sie unterstellen Journalisten seit jeher, politisch fremdbestimmt und quasi auf Kommando zu berichten. Dass der Bundeskanzler sich derartigen Argumentationsmustern anschließt – in einer Zeit, in der Reporter attackiert werden und die unabhängige Presse mehr denn je unter Druck steht – ist dem Amt unwürdig. So dient er Deutschland nicht. Gerade er, der sich das Wort „Respekt“ am liebsten urheberrechtlich schützen lassen würde. |
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| Nicht besonnen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich vergangene Woche bei einer Feier in Berlin peinlich im Ton vergriffen (© dpa) |
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| Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) entstammt einer tansanischen Diplomatenfamilie (© imago) |
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Apropos Respekt. Berlins Kultursenator Joe Chialo bei derselben Berliner Veranstaltung als „Hofnarr“ der Union zu bezeichnen und ihn damit zum Feigenblatt einer aus seiner Sicht offenbar faschistoiden Merz-CDU zu stempeln – geht’s eigentlich noch? Scholz telefonierte gestern mit Chialo, nachdem FOCUS Online den Vorgang öffentlich machte. Er will die Bemerkung nicht rassistisch verstanden wissen und hat einen „Star-Anwalt“ eingeschaltet. Auch am Rassismus sind offenbar immer nur die anderen schuld. So sagt der Kanzler zurzeit in jedes Mikrofon, wie unerträglich er „das hämische Feixen der extremen Rechten“ im Bundestag nach dem Merz-Antrag fand. Das verstehe ich. Doch was glaubt er denn, wie hämisch die AfD nun feixt, nachdem bekannt wird, dass ausgerechnet der Bundeskanzler einen der wenigen dunkelhäutigen Spitzenpolitiker und Amtsträger als Hofnarren verspottet? Wir brauchen „Anstand und Vernunft“, doziert Scholz seit Wochen. Er scheitert gerade an beidem. Wie sehen Sie die Medien-Schelte des Kanzlers? Schreiben Sie uns an [email protected] |
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| FPÖ-Chef Herbert Kickl gestern in Wien (© dpa) |
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Koalitionsverhandlungen gescheitert: Wie geht es weiter in Österreich? |
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Nach wochenlangen Gesprächen sind die Koalitionsverhandlungen zwischen der rechtspopulistischen FPÖ und der ÖVP in Österreich gescheitert. Wie FPÖ-Chef Herbert Kickl in einem Schreiben an Bundespräsident Alexander Van der Bellen mitteilte, „waren die Verhandlungen zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt“. Den Regierungsauftrag gab Kickl ab. Im Mittelpunkt der Streitigkeiten stand Medienberichten zufolge die Frage, wer das Innenministerium übernehmen würde. Beide Parteien beanspruchten das Ressort für sich. Szenario 1: Neuwahlen Damit könnten nun Neuwahlen für den österreichischen Nationalrat ins Spiel kommen. Das käme möglicherweise der FPÖ zugute, die in Umfragen bei 34 Prozent liegt. Szenario 2: Verhandlungen mit SPÖ und Neos Allerdings hatten die sozialdemokratische SPÖ und die liberalen Neos bereits für einen zweiten Anlauf der Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP geworben. Die Verhandlungen für dieses Dreierbündnis waren im Januar erstmals gescheitert. Szenario 3: Expertenregierung Infrage kommen könnte auch die Einsetzung einer Experten- oder Übergangsregierung durch Bundespräsident Van der Bellen. Bis eine neue Regierung steht, bleiben die Minister von ÖVP und Grünen und Übergangskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) im Amt. |
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| Polizeibeamte und Sprengstoffhunde sichern die Münchner Sicherheitskonferenz im Hotel Bayerischer Hof (© dpa) |
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Ukraine: Wird Münchener Sicherheitskonferenz zum Schlüsselmoment? |
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Eigentlich bräuchte das Treffen einen neuen Namen. Denn die Münchener Sicherheitskonferenz, die morgen beginnt, findet in ziemlich unsicheren Zeiten statt. Da ist der neue US-Präsident Donald Trump, der die Wirtschaftswelt mit Zöllen überzieht und Europa in einen gefährlichen Handelskonflikt zwingt. Da ist der wachsende Machtanspruch Chinas, das seine ökonomische Dominanz auch dazu nutzen will, den Westen politisch zu schwächen. Und da ist – vor allem – der russische Angriffskrieg in der Ukraine, der in wenigen Tagen in sein viertes Jahr geht. Selten zuvor ist eine (Un-)Sicherheitskonferenz mit so großer Spannung erwartet worden. Erst recht, seit bekannt wurde, dass Trump und Wladimir Putin ein Treffen und die sofortige Aufnahme von Verhandlungen vereinbart haben. Beide Staatschefs hätten fast anderthalb Stunden lang telefoniert, teilte die Regierung in Moskau mit. Ebenfalls eineinhalb Stunden sprach Trump gestern mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Europa pocht darauf, in Verhandlungen einbezogen zu werden. Laut Trump findet das erste Treffen mit Putin wahrscheinlich in Saudi-Arabien statt. Eine Waffenruhe könne „in nicht allzu ferner Zukunft“ erreicht werden. Zu einer möglichen Nato-Mitgliedschaft der Ukraine sagte Trump, diese sei „nicht praktikabel“. Zudem müsse es in der Ukraine „irgendwann“ Neuwahlen geben. Morgen treffen sich bereits US-Vizepräsident J.D. Vance und Selenskyj in München. Auch US-Außenminister Marco Rubio kommt zur Sicherheitskonferenz. Es könnte ein Schlüsselmoment für die Zukunft der Ukraine sein. Selenskyj dürfte versuchen, den USA einen Deal anzubieten – und den Zugriff auf wichtige Bodenschätze des Landes zu versprechen, sollten die Amerikaner die Ukraine doch weiter unterstützen. Russische Regierungsvertreter werden nicht in München sein. |
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| Legt heute Zahlen vor: Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp (© Commerzbank AG) |
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Reuters: Bis zu 4000 Commerzbank-Stellen auf der Kippe |
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Die Commerzbank steht laut einem Medienbericht vor einem umfassenden Personalabbau. Insgesamt wolle die zweitgrößte deutsche Privatbank in den nächsten Jahren 3000 bis 4000 Stellen streichen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider. Damit wären fast zehn Prozent der derzeit rund 42.000 Mitarbeiter betroffen. Der Aufsichtsrat der Commerzbank habe über die Stellenstreichungen und die künftige Strategie beraten, so Reuters weiter. Die Eckpunkte sollen heute mit den Ergebnissen für 2024 vorgestellt werden. Die neue Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp wolle im laufenden Übernahme-Kampf mit der UniCredit Kosten senken und so die Eigenständigkeit sichern. Die Mailänder Großbank hatte sich im September überraschend den Zugriff auf knapp zehn Prozent der Commerzbank-Anteile gesichert und seither weiter aufgestockt. Inzwischen halten die Italiener rund 9,5 Prozent der Commerzbank-Aktien direkt, sowie weitere 18,5 Prozent über Finanzinstrumente. Seit dem Einstieg der Italiener hat die Commerzbank-Aktie rund 50 Prozent zugelegt. |
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| Wohngebiet: In Deutschland sind die Einnahmen aus der Grundsteuer zuletzt deutlich gestiegen (© dpa) |
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Grundsteuer: Sprudelnde Einnahmen |
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Die Grundsteuer-Einnahmen von Städten und Gemeinden sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das belegen Daten des Statistischen Bundesamts. Danach kassierten die Kommunen 2023 insgesamt 15,5 Milliarden Euro Grundsteuer. Das war ein Viertel mehr als zehn Jahre zuvor. Im ersten Halbjahr 2024 stiegen die Grundsteuer-Einnahmen gegenüber dem Vorjahr um 2,9 Prozent auf 8,0 Milliarden Euro. Neuere Daten liegen noch nicht vor. Zur Begründung verweist der Bund der Steuerzahler (BdST) auf den wachsenden Kostendruck in Städten und Gemeinden. So belasteten vor allem die höheren Energiepreise sowie die jüngsten Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst die kommunalen Haushalte, sagte BdST-Steuerexpertin Daniela Karbe-Geßler dem FOCUS. Zusätzlich kämpften die Kämmerer bundesweit mit höheren Unterbringungskosten, etwa für Asylbewerber oder kostenfreie Kitas. Viele Kommunen versuchten daher, ihre Einnahmen zu erhöhen, etwa über höhere Gebühren oder Hebesätze. Die Höhe der Grundsteuer berechnet sich aus mehreren Faktoren (u.a. Bodenrichtwert, Hebesatz) und ist eine der wichtigsten Gemeindesteuern. 2023 kamen rund 13 Prozent der kommunalen Einnahmen aus der Grundsteuer, 59 Prozent entfielen auf die Gewerbesteuer, 25 Prozent auf den Anteil an der Lohn- und Einkommensteuer. Seit dem Jahreswechsel ist das neue Grundsteuer-Reformgesetz in Kraft. Damit gelten neue Regeln und Hebesätze. Allerdings gilt die Regelung als kompliziert. Zudem bezweifeln Kritiker, dass die Reform wirklich „aufkommensneutral“ ist. Mieter sollten die Entwicklung im Auge behalten: In Mehrfamilienhäusern wird die fällige Grundsteuer umgelegt – und taucht in der Abrechnung auf, meist in den Nebenkosten. |
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522 Millionen Euro Vermögensschaden sind im Wirecard-Skandal allein bei der schwersten mutmaßlichen Straftat entstanden: Der Zahlungsdienstleister hätte schon zwei Jahre vor der Pleite bei der Verlängerung eines Kredits mit der Commerzbank und anderen Banken seine Schulden nicht bedienen können, so der Sachverständige Wilhelm Hauser im Prozess gegen den früheren Wirecard-Chef Markus Braun. Der weist Betrugsvorwürfe zurück. In dem Insolvenzverfahren sind Ansprüche über 15,4 Milliarden Euro angemeldet, denen nur ein Bruchteil als Vermögenswerte gegenübersteht. |
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| Schleppnetze, Anker, Müll – all das hinterlässt tiefe Spuren auf dem Boden der südwestlichen Ostsee (© Grafik: Bearbeitet nach Díaz-Mendoza, et al., 2025) |
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Bleibende Spuren am Grund der Ostsee |
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Ankerspuren, Kabel, Pipelines, Verklappungen und vor allem Verheerungen durch Schleppnetze: Der Boden der Ostsee ist stark geschädigt. Hochauflösende hydroakustische Aufnahmen der Universität Kiel dokumentieren die anhaltenden Folgen des menschlichen Wirtschaftens. Untersucht haben die Forscher 2189 Quadratkilometer Meeresgrund, vor allem in der Kieler Bucht, der Mecklenburger Bucht und der Flensburger Förde. 36 Prozent der Fläche weisen Beeinträchtigungen auf. Die Ostsee zählt zu den am stärksten verschmutzen und meist befahrenen Meeren der Welt. Sie ist im Mittel bloß 52 Meter tief und steht nur im langsamen Austausch mit dem Wasser von Nordsee und Atlantik. Zu den großen Problemen zählen die Überfischung, Munitionsaltlasten, der Eintrag von Schwermetallen und die Überdüngung, insbesondere mit Stickstoff und Phosphor aus der Landwirtschaft. Etwa 20 Prozent des Meeresbodens zwischen Schweden und dem Baltikum gehören inzwischen zu den sogenannten Todeszonen, zu Bereichen fast ohne Sauerstoff. Die Erderwärmung verschlimmert die Lage. |
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Gewinner: Liedermacher Wolf Biermann, 88, erhält den „Deutschen Musikautor*innenpreis” der Gema für sein Lebenswerk. Die Jury lobte seine poetische Sprache, musikalische Tiefe und den politischen Protest – Biermanns Lieder seien eine zentrale Stimme des Widerstands gegen die DDR-Zensur gewesen. Der so Geehrte reagierte mit Humor: „Ich werde lieber gelobt als geschmäht.“ Am 27. Februar nimmt er den Preis in Berlin entgegen. | |
Verlierer: Russlands Außenminister Sergej Lawrow, 74, lästert über die olympischen Spiele von Paris. Die (spektakuläre!) Eröffnungsfeier letzten Sommer sei voller „Perversionen und Verhöhnungen der menschlichen Natur” gewesen. Im reinen Russland plane man stattdessen „Intervision“ – eine Alternative zum Eurovision Song Contest (ESC), von dem das Land seit dem Angriff auf die Ukraine ausgeschlossen ist. „Intervision“, so Lawrow, werde „zensurfrei“ sein. Wer’s glaubt… | |
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… beweisen die Dänen Sinn für Humor. Als satirisches Gegenangebot zu Präsident Trumps Drohung, Grönland zu kaufen, fordert eine Petition „mehr Sonne, Palmen und Rollschuhe“. Mit anderen Worten: Dänemark soll Kalifornien erwerben. | | Dänischer Aufkaufplan: Die kleine Meerjungfrau erobert die Golden Gate Bridge in San Francisco (© denmarkification.com) | „Måke Califørnia Great Ægain“, steht oben auf der Website mit dem Titel: „Hilf Dänemark Kalifornien zu kaufen, weil – warum nicht?“ Sie verspricht: „Wir bringen Hygge nach Hollywood, Fahrradwege nach Beverly Hills und Bio-Smørrebrød an jede Straßenecke.“ Das Crowdfunding-Ziel ist 1 Billion Dollar, „plus/minus ein paar Milliarden“ und 500.000 Unterschriften. Mehr als 222.416 Menschen haben bis gestern Nacht schon unterschrieben – für „Rechtsstaatlichkeit, universelle Gesundheitsversorgung und faktenbasierte Politik“. Ihnën ën skønnën Däg! | | Tanit Koch |
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