Die Olympia-Spezialausgabe am Dienstag, 30. Juli
| Was jetzt? | Die Olympia-Spezialausgabe am Dienstag, 30. Juli | |
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von Fabian Scheler Sportredakteur, ZEIT ONLINE |
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Guten Morgen, alle schauen ins trübe Wasser der Seine, dabei gibt es viel üblere Nachrichten: Beckenschwimmer pinkeln ins Wasser. Der US-Schwimmer Zach Harting sprach das offene Geheimnis der Szene aus. Für ihn zählt es immer erst dann als Schwimmen, wenn er in ein Becken reingemacht hat. Ob die Turmspringer auch Wildpinkler sind, weiß ich nicht, aber mein Kollege Christian Spiller hat einen getroffen, der trotz Höhenangst kopfüber mit Salti aus 10 Metern springt. |
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Worüber reden heute alle? |
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Über vierte Plätze, Abstände und Wimpernschläge. 0,02 Sekunden fehlten gestern dem Briten Matthew Richards im 200-Meter-Freistil-Rennen zu Gold. Für den Dritten Luke Robson (USA) waren es sieben Hundertstel. Apostolos Christou verpasste über 100 Meter Rücken als Vierter die erste griechische Schwimmmedaille, auch bei ihm ging es um 0,02 Sekunden. Ein Wimpernschlag dauert etwa fünfmal so lang. Der deutsche Wildwasser-Kanute Sideris Tatsiadis wurde gestern nach 94 Sekunden irrem Paddeln und Balancieren in der reißenden Strömung Vierter im Kanuslalom. 24 Hundertstel weniger und er hätte Bronze gehabt. Olympia ist immer auch das Festival des hätte und wäre, Athletinnen und Athleten verbringen mit der Suche nach verlorener Zeit böse Nächte. So wie Angelina Köhler, die am Sonntag über 100 Meter Schmetterling Vierte wurde, noch dazu gegen eine der umstrittenen Chinesinnen. Gestern aber sagte sie: “Man sieht immer nur die Medaillen, aber ich kann stolz auf mich sein, es steckt viel Leid und Schweiß dahinter.” Recht so. |
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| Sie sehen: Olympisches Gold für David Popovici (rechts) und den vierten Platz für Duncan Scott (links). © Richard Heathcote/Getty Images |
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Die Brühe aus Schiffsöl, Bakterien, Kot und Unrat, also die Seine. Die Triathleten wussten bis heute morgen um vier Uhr nicht, ob ihr Rennen stattfindet. Dann wurde es auf Morgen verschoben. Schon die beiden geplanten Trainings fielen aus. Bleibt die Wasserqualität so mau, könnte beim Triathlon das Schwimmen auch ganz ausfallen und die Medaillen in Paris als Duathlon (Radfahren und Laufen) vergeben werden. Mehr als eine Milliarde Euro hat Paris investiert, um den Fluss für diese Spiele sauber zu kriegen. Für Bürgermeisterin Anne Hidalgo ist es ein Prestigeobjekt, sie badete vor den Spielen schon an. Ab dem kommenden Jahr sollen alle das Vergnügen haben. Gäbe es da nicht die kleinen Freunde aus unserem Darm, die escherichia-coli-Bakterien, die über die Kanalisation seit Jahren in die Seine fließen. Einmal unserem Darm entwichen, bereiten die Bakterien keinen Spaß mehr. Außer, Sie haben ein Faible für blutigen Durchfall. Regnet es viel, wie am vergangenen Wochenende, wird trotz der neu gebauten gigantischen Rückhaltebecken Abwasser in den Fluss geleitet. Ein echter Shitstorm. Es ist der nächste große Auftritt für den Fluss, bisher hatte er zwei: als Kulisse bei der Eröffnungsfeier. Und als italienische Qualitätsreferenz für den Kaffee, den Journalisten im Medienzentrum vorgesetzt bekommen. |
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Was machen die Deutschen? |
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Gucken, ob sich ein Umzug von Berlin nach Hamburg lohnt. Der 30-jährige Nils Ehlers ließ 2017 die Hauptstadt, sein Jura-Studium, seinen Platz in der Volleyball-Bundesliga, seine Basketball-Hobbytruppe und das Stadtleben hinter sich, um Beachvolleyballer zu werden. Hat geklappt, zusammen mit Clemens Wickler will der 2,10 Meter große Blockspezialist am Eiffelturm ab heute (10 Uhr) um eine Medaille spielen. |
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Auch in der Halle wird geschmettert: die deutschen Volleyballer wollen nach dem 5-Satz-Krimisieg gegen Japan auch gegen die USA bestehen (13 Uhr). Schwimmer Sven Schwarz kämpft am Abend im Becken um eine Medaille, ins 800-Meter-Finale zog er mit der sechstschnellsten Zeit ein. |
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Die deutschen Handballerinnen spielen im dritten Vorrundenspiel gegen Slowenien (9 Uhr) nach zwei Niederlagen schon ums Weiterkommen. Im Hockeymatch gegen Südafrika (10.30 Uhr) sind die deutschen Herren Favorit, genau wie die deutschen Basketballer gegen Brasilien (21 Uhr). Außerdem beginnen die 3x3-Basketball-Wettbewerbe. Eine rasante Disziplin, bei der beide Teams auf denselben Korb werfen und am Place de la Concorde von DJs begleitet werden. Deutschlands Frauen treffen um 17.30 Uhr auf den amtierenden Weltmeister und Olympiasieger, die USA. Was den deutschen Damen der Auftritt bedeutet, wird in dieser Doku über den Weg nach Paris klar, der entscheidende Wurf von Svenja Brunckhorst bei Minute 14:45 empfiehlt sich besonders. |
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Die verschwundene Sportart |
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Bei den Spielen von 1900 wurde entweder weniger in die Seine defäkiert oder den Teilnehmern des Unterwasserschwimmens war es scheißegal. Zwei Punkte gab es bei diesem Wettkampf für jeden zurückgelegten Meter und einen Punkt pro Sekunde unter Wasser. Das führte zu verschiedenen taktischen Herangehensweisen. Der Sieger, der Franzose Charles de Vendeville, legte 60 Meter in 68 Sekunden zurück, der Drittplatzierte Peter Lykkeberg schaffte hingegen nur 28 Meter, blieb dafür aber 90 Sekunden unter Wasser. Wie viele Hautschichten er dabei verlor, ist nicht überliefert. Es war der einzige olympische Auftritt dieser Disziplin. Sie schied aus dem Programm wieder aus. |
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Das IOC-Mitglied des Tages |
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Sergei Bubka. Zuletzt sah man den früheren Stabhochspringer an der Seite von Tennisspieler Alexander Zverev. Der hat den 60-Jährigen als Manager verpflichtet, sie teilen sich den Wohnort Monaco. Bubka bewies als Sportler Geschäftssinn, als er seinen Weltrekord stets nur um einen Zentimeter verbesserte – für jeden neuen Weltrekord gab es gute Prämien. Auch in der Ostukraine sollen die Geschäfte gut laufen. Ukrainische Investigativjournalisten wollen herausgefunden haben, dass eine von Bubkas Firmen dort Treibstoff an russische Besatzer verkauft hat. Der Inlandsgeheimdienst ermittelte, Bubkas Bruder wurde sogar wegen Kollaboration angeklagt. Er bestritt alles. |
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Seitdem hat sich der Blick der Ukrainer auf den einstigen Nationalhelden verändert. Die amtierende Hochsprung-Weltmeisterin Jaroslawa Mahutschich beklagte, dass sie Bubka nicht für das Anliegen gewinnen konnte, die olympischen Komitees von Russland und Belarus zu verbieten: Sie respektiere ihn als Sportler, aber nicht als Menschen. Dass Bubka ab und zu im VIP-Bereich des AS Monaco auftaucht, der dem russischen Milliardär Dmitri Rybolowlew gehört, hilft da nicht. Bubkas Vermögen wird auf 250 bis 350 Millionen US-Dollar geschätzt, er war auch schon Abgeordneter im ukrainischen Parlament, Vize-Präsident des Leichtathletik-Weltverbands IAAF und von 2005 bis 2022 Vorsitzender des ukrainischen olympischen Komitees. Sein Nachfolger dort, Wadym Hutzajt, ist auch sein Anwalt und hat Klage gegen die Recherchen der ukrainischen Journalisten angekündigt. |
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| © Michael Steele /Allsport |
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"Man darf Rafael Nadal keine Chancen geben, denn er wird sie nutzen und zurückkommen. Besonders auf diesem Platz." | | |
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Novak Djokovic und Rafael Nadal lieferten sich ihr 60. Duell in der 2. Runde des olympischen Tennisturniers. Djokovic gewann 6:1 und 6:4, für Nadal war es wahrscheinlich das letzte Einzelspiel auf dem Platz, den er 14-mal als Grand-Slam-Sieger verließ. |
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Der Fotograf Sebastian Wells ist während der Olympischen Spiele exklusiv für ZEIT ONLINE in Paris unterwegs. Wir zeigen hier jeden Tag das schönste seiner Bilder vom Vortag. Gestern hat er beim Tennis Angelique Kerber gesehen, wie sie auch gegen Jaqueline Adina Cristian (Rumänien) gewann, "Oh, wie ist das schön" zu hören bekam, und ins Achtelfinale einzog. Dort trifft sie heute auf Leylah Fernandez (Kanada). Und auch im Doppel mit Laura Siegemund muss sie ran. Vor den Spielen hat sie ihr Karriereende angekündigt, heute könnte es schon so weit sein. |
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| © Sebastian Wells für ZEIT ONLINE |
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Wo werden heute Medaillen vergeben? |
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9:30 Uhr: 10 Meter Luftpistole, Team, Mixed |
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14:30 Uhr: Mixed Doppel, Finale |
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17 Uhr: Halbmittelgewicht Männer, Finale |
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17:18 Uhr: Halbmittelgewicht Frauen, Finale |
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18:15 Uhr: Teamfinale, Frauen |
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19:45 Uhr: Finale der Frauen |
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20:30 Uhr Degen, Team, Frauen |
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20:56 Uhr: 100 Meter-Rücken, Frauen |
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21:02 Uhr: 800 Meter-Freistil, Männer |
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22:01 Uhr: 4 x 200 Meter-Freistil, Männer |
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Das war die heutige Spezialausgabe unseres Was-jetzt?-Newsletters zu den Olympischen Spielen 2024. Sie sind eine Freundin oder ein Freund des Boulevards, Sie wollen Promis sehen? Merken Sie sich das Mannschaftsfinale im Turnen der Frauen. Dort kämpft am Abend Simone Biles mit der Mannschaft um Gold. Die Liste derer, die ihren ersten Auftritt in der Halle verfolgt haben: Tom Cruise, Ariana Grande und Snoop Dogg. |
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