als bekennender Fernseh-Verweigerer habe ich mir natürlich auch das ARD-Klima-Drama „Ökozid“ gern entgehen lassen. Mein Mitgefühl gilt an dieser Stelle also ganz ausdrücklich dem Theaterdramaturgen Bernd Stegemann, der sich die inszenierte Gerichtsverhandlung gegen Angela Merkel nicht nur angeschaut hat, sondern hinterher auch noch die Kraft fand, bei uns darüber zu schreiben. Sein Fazit: Tendenzkunst der allerpeinlichsten Art. Zitat Stegemann: „Die Komplexität des Klimawandels wird auf die Frage reduziert, ob zu viele SUVs herumgefahren sind. Und während diese simplen Einsichten ausgebreitet werden, sitzen die Kläger mit dunkler Hautfarbe als traurig blickende Staffage im Hintergrund. Die Bilder erzählen so ihre eigene Geschichte. Die schwarzen und braunen Menschen dürfen nur selten selber sprechen, aber als moralisches Druckmittel stehen sie jederzeit zur Verfügung.“ Die Meisterschaft des risikolosen Herummoralisierens Im risikolosen Herummoralisieren haben sich weite Teile der Medien und der Politik in diesem Land inzwischen eine gewisse Meisterschaft erarbeitet. Wenn es jedoch darum geht, auch mal unangenehme Konsequenzen zu ziehen, sieht die Sache oft schon ganz anders aus. Da wird zum Beispiel beklagt, dass die Amerikaner sich nicht mehr so wie früher für die militärische Sicherheit ihrer europäischen Verbündeten interessieren und von der Bundesrepublik sogar verlangen, ihre Verteidigungsausgaben endlich dem Nato-Ziel anzupassen. Aber wenn der französische Staatspräsident fordert, Europa müsse endlich strategische Souveränität erlangen, zuckt unsere Verteidigungsministerin ganz schnell zusammen. Der ehemalige Brigadegeneral und Kanzleramtsberater Erich Vad ordnet den verteidigungspolitischen Disput zwischen Deutschland und Frankreich bei uns vor dem Hintergrund seiner langjährigen Bundeswehr-Erfahrung ein. And the winner is ... Und jetzt zu den wirklich wichtigen Dingen. Gestern wollten wir an dieser Stelle wissen, welcher Roman so anfängt: „Im Spätsommer jenes Jahres lebten wir in einem Hause in einem Dorfe, das über den Fluss und die Ebene bis zu den Bergen hinübersah.“ Es kamen viele Antworten, und fast alle waren richtig: „In einem anderen Land“ von Ernest Hemingway. Weltliteratur also, die da auf dem Fensterbrett in unserem Hauseingang nachbarschaftsfreundlich entsorgt wurde. Der Newsletter-Leser Christian Reiermann lieferte in seiner E-Mail sogar den Anfang des zweiten Satzes gleich mit, und zwar „Im Flussbett lagen Kieselsteine und Geröll…“ Da ist jemand außerordentlich textsicher; ich nehme an, Herr Reiermann kann das Gesamtwerk Hemingways aus dem Gedächtnis rezitieren. Respekt! Allerdings war Reinhard Woytek aus St. Gilgen am Wolfgangsee mit seiner richtigen Antwort am schnellsten. Er bekommt also den begehrten Cicero-Jahreskalender von uns zugeschickt, und zwar sogar bis nach Österreich. Und wissen Sie was, Herr Woytek? Weil Sie gestern so prompt reagiert haben, lege ich mein „Lexikon der Gefahren“ noch mit dazu. Das Buch ist zwar nicht mehr ganz taufrisch, aber das Kapitel „Pandemien“ leite ich wie folgt ein: „Nach der Seuche ist vor der Seuche, und irgendwas ist immer. Der Begriff ,Pandemie‘ gehört inzwischen zum Wortschatz der Globalisierung“. Wie gesagt, das „Lexikon der Gefahren“ ist bereits zehn Jahre alt! Falls Sie es nicht haben wollen, Herr Woytek, legen Sie es einfach auf ein öffentlich zugängliches Fensterbrett. Vielleicht freut sich ja ein Nachbar darüber. Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |