EZB hinkt den Entwicklungen nach wie vor hinterher Aktienindizes drehen an wichtiger Aufwärtstrendlinie nach oben
EZB hinkt den Entwicklungen nach wie vor hinterher von Sven Weisenhaus Die Europäischen Zentralbank (EZB) hat heute beschlossen, die Leitzinsen um 75 Prozentpunkte anzuheben. Damit stemmen sich die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde mit dem größten Zinsschritt seit Einführung des Euro-Bargelds 2002 gegen die Rekordinflation. Der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz liegt nun künftig bei 1,25 %, der Einlagensatz bei 0,75 % und der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität bei 1,50 %. Der Markt wurde auf den großen Zinsschritt gut vorbereitet Bereits im Vorfeld der heutigen Entscheidung hatten sich mehrere Währungshüter dafür ausgesprochen, auch über einen Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten zu diskutieren. Der Markt hatte diesen daher bereits erwartet. Und weil die Erwartungen erfüllt wurden, hielten sich die Kursreaktionen an den Börsen in Grenzen. Die Aktienmärkte zeigten sich angesichts stark steigender Zinsen und damit einer größeren Konkurrenz durch den Anleihemarkt schwächer. Gold und Silber, für die steigende Zinsen ebenfalls eine Konkurrenz sind, notierten zum Vortag kaum verändert und auch der Euro zeigte sich wenig bewegt, weil sich die Schere zwischen den Zinsen der EZB und der US-Notenbank (Fed) durch den heutigen Zinsschritt nicht nachhaltig schließt. Denn noch im laufenden Monat wird die Fed aller Wahrscheinlichkeit nachlegen. Und im Dezember wird sich dieses Spielchen der Zinsanhebungen der Notenbanken fortsetzen. Denn die EZB hat – ebenfalls erwartungsgemäß – heute bekräftigt, dass sie auch auf den kommenden Sitzungen Zinsanhebungen beschließen wird, „um die Nachfrage zu dämpfen und dem Risiko einer andauernden Aufwärtsverschiebung der Inflationserwartungen vorzubeugen“, wie es im Statement zu den heutigen geldpolitischen Beschlüssen heißt. Inflationsprognosen kräftig angehoben Dies auch vor dem Hintergrund, dass die EZB-Projektionen für die Inflation deutlich nach oben korrigiert wurden. Es wird nun mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 8,1 % für 2022 gerechnet. Im Juni lautete die Prognose auf 6,8 %. Für 2023 wurde der Schätz-Wert von zuvor 3,5 % auf nun 5,5 % angehoben, 2024 sollen es noch 2,3 % statt 2,1 % sein. EZB blickt besonders skeptisch auf den Jahreswechsel 2022 / 2023 Und dabei nimmt die EZB in Kauf bzw. muss sie in Kauf nehmen, dass sich das Wirtschaftswachstum abschwächt. Für das gesamte Jahr 2022 rechnet die EZB aktuell noch mit einem BIP-Wachstum von 3,1 % (Juni: +2,8 %). Und das, obwohl für den weiteren Jahresverlauf und das erste Quartal 2023 mit einer wirtschaftlichen Stagnation gerechnet wird. 2023 soll sich das Wachstum daher insgesamt auf +0,9 % deutlich abschwächen (Juni: +2,1 %). 2024 wird ein Plus von 1,9 % erwartet (Juni: +2,1 %). EZB hinkt den Entwicklungen nach wie vor hinterher Allerdings beruhen die Wachstumsprognosen auf der Annahme, dass keine größere Gasrationierung erforderlich sein wird. Angesichts der ausbleibenden Gas-Lieferungen aus Russland kann man die Frage stellen, ob die EZB damit nun nah genug an der Realität ist oder der Entwicklung immer noch hinterherhinkt. Ich möchte allerdings nicht verschweigen, dass die EZB auch ein pessimistischeres „downside scenario“ (deutsch: „Abwärtsszenario“) auf dem Schirm hat. Doch zur Erinnerung: Die EZB peilt „mittelfristig“ eine Inflationsrate von 2 % an. Und selbst zum Ende ihres Prognosezeitraums wird sie dieses Ziel noch verfehlen. Man muss sich daher um die Fähigkeiten der EZB, die Märkte mithilfe der Geldpolitik präzise in die gewünschte Richtung zu bewegen, Gedanken machen. Immerhin ein starkes Signal Immerhin war der heutige Zinsschritt ein starkes Signal an die Märkte, dass die EZB nun endlich die Zeichen der Zeit erkannt hat. Offenbar wollen die Währungshüter verlorengegangenes Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik zurückgewinnen. Vor diesem Hintergrund ist es auch zu sehen, dass Christine Lagarde auf der heutigen Pressekonferenz auf die Einstimmigkeit der Leitzinsentscheidung verwies. Denn dies unterstreicht das Signal der Entschlossenheit im Kampf gegen die Inflation. Doch hätte es das aus meiner Sicht in dieser Form nicht gebraucht, wenn die EZB bereits reagiert hätte, als selbst Laien erkennen konnten, dass die Inflation höher ausfallen wird, als von der EZB angenommen. Neue Taktik der EZB? Was die aktuellen Inflationsprognosen angeht, so könnte ich mir sogar vorstellen, dass die EZB damit nun zu pessimistisch ist. Womöglich gehört dies allerdings zu einer neuen Taktik der Notenbank. Sie will nicht mehr hinter dem Markt herhinken, sondern vor den Markt kommen. Und wenn sie die nächsten Projektionen im Dezember nach unten anpasst, kann sie behaupten, die Geldpolitik hätte Erfolg. Und dies könnte die Inflationserwartungen dämpfen. Denn das würde darauf hindeuten, dass der Inflationshöhepunkt wirklich überwunden ist. Vielleicht interpretiere ich aber auch zu viel hinein und mache die EZB schlauer als sie ist. Wir werden sehen…
Aktienindizes drehen an wichtiger Aufwärtstrendlinie nach oben von Sven Weisenhaus Während ich diese Zeilen geschrieben habe, konnten sich die Aktienmärkte ab dem Ende der EZB-Pressekonferenz von ihrer Schwäche befreien und deutlich zulegen. Der S&P 500 hat damit an einer wichtigen Kreuzunterstützung nach oben gedreht, auf die ich die Leser des „Target-Trend-Spezial“ bereits vor einigen Tagen anhand des folgenden Charts hingewiesen hatte (grüner Pfeil). Und ich hatte ihnen den Hinweis gegeben, mit einer kleinen Long-Position auf eine Kurserholung zu setzen. Wer diesem Rat gefolgt ist, kann den Trade nun auf Einstiegskurs absichern und die Gewinne laufen lassen. Interessant ist, dass auch der Dow Jones an einer Aufwärtstrendlinie nach oben gedreht hat. Gleiches gilt für den Euro STOXX 50: Und der DAX hat ebenso an einer vergleichbaren Aufwärtstrendlinie Unterstützung gefunden. Damit haben wir wieder ein Beispiel dafür, dass Aktienindizes immer wieder gemeinsam wichtige Chartmarken, Widerstände oder Unterstützungen erreichen. Diese haben dann eine besondere Relevanz. Jetzt kommt es auf die Stärke der Kurserholung an Vorgestern hatte ich geschrieben, dass die Aktienmärkte immer noch kurzfristig überverkauft sind und ich daher nach wie vor mit einer Konsolidierung rechne, womöglich in Verbindung mit einer erneuten Kurserholung. Mit den Aufwärtstrendlinien haben die Indizes nun eine Unterstützung und damit eine Basis für die Konsolidierung bzw. Kurserholung gefunden. „Doch wenn sich dabei nicht bald Stärke zeigt, muss man mit weiter fallenden Kursen rechnen“, hieß es vorgestern auch. Und so kommt es nun darauf an, wie weit die begonnenen Kurserholungen reichen. Je weiter die Bullen die Kurse nach oben treiben können, desto mehr hellt sich das Chartbild auf. Logisch. Bleiben die Kurse aber in der Nähe der Aufwärtstrendlinien, und ein Großteil der heutigen Kurserholung ist inzwischen wieder in sich zusammengefallen, haben wir es statt mit einer Kurserholung lediglich mit einer Konsolidierung zu tun. Und in diesem Fall muss man mit einer baldigen Fortsetzung der Abwärtsbewegung und Korrektur rechnen. Wer, wie die Leser des Target-Trend-Spezial, jüngst den Einstieg in eine Long-Position geschafft hat, kann, wie oben bereits geschrieben, diese nun auf Einstiegskurs absichern und die weitere Kursentwicklung entspannt beobachten. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de PS: Übrigens: Ich hatte den Lesern des Target-Trend-Spezial auch zu einer Long-Position auf den Nasdaq 100 geraten – unterhalb von 12.100 Punkten. Auch diesen Trade kann man nun per Stop-Loss gegen Verluste absichern und laufen lassen. Wenn auch Sie solche Trading-Tipps erhalten möchten, dann melden Sie sich JETZT HIER an!
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