nicht, dass die Berliner Kommunalpolitik arm wäre an Überraschungen. Aber das heutige Interview der designierten SPD-Spitzenkandidatin für die nächste Abgeordnetenhauswahl ließ dann doch aufhorchen. Bekanntlich will Bundesfamilienministerin Franziska Giffey nächstes Jahr ihren Genossen Michael Müller als Regierende Bürgermeisterin beerben. Und weil die Berliner Sozialdemokraten nach aktuellen Umfragen zwei Punkte hinter den Grünen liegen, kann ja wohl mit der einst so herbeigesehnten rot-rot-grünen Koalition irgendetwas nicht stimmen. Deswegen werden offenbar schon Absetzbewegungen versucht. Giffey wörtlich im Gespräch mit dem Tagesspiegel: „Wer durch die Stadt marodiert, alles vollschmiert, Scheiben zertrümmert Autos anzündet, Menschen verletzt, kann das nicht damit rechtfertigen, sich für faire Mieten oder sozialen Wohnraum einzusetzen.“ Das ist eine volle Breitseite gegen die von Linken und Grünen gehätschelte autonome Szene, die Familienministerin wird sogar noch deutlicher: „Und nicht alles, was die Bezirksbürgermeisterin der Grünen in Friedrichshain als alternatives Wohnprojekt verteidigt, ist einem respektvollen und gutem Zusammenleben zuträglich.“ Grüner wird's nicht Nachdem die Sozialdemokraten, insbesondere in den großen Städten, jahrelang ihr Heil darin gesucht haben, möglichst noch grüner und noch linker zu sein als die beiden Original-Parteien von der Konkurrenz, scheint inzwischen ein gewisser Realismus eingekehrt zu sein. Ein „pragmatisches bürgernahes Programm“ hat sich die Berliner SPD jetzt also vorgenommen. Vielleicht nicht die dümmste Antwort auf die Frage, warum sie einfach nicht aus dem Umfrage-Keller kommt. Ein paar Denkanstöße zu diesem Thema finden Sie hoffentlich auch in meinem Beitrag über die Misere der SPD. Gedämpfte Urlaubsstimmung Nachdem mein Kollege Moritz Gathmann mit seiner Familie immerhin eine Woche Herbstferien außerhalb Berlins verbringen konnte, kam er gestern trotzdem frustriert ins heimische Risikogebiet zurück. Das ganze Hin und Her mit den Übernachtungsverboten, unübersichtlichen Quarantäne-Regeln und Corona-Schnelltests haben ihm den Urlaub gehörig verleidet. Und das kann man sich beim notorisch gutgelaunten Herrn Gathmann eigentlich kaum vorstellen. Lesen Sie heute Nachmittag seinen Kommentar – und hoffen Sie mit mir auf baldige Stimmungsaufhellung. Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |