Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Erfolgsstory von Starbucks fährt mit Karacho an die Wand. Nicht erst seit gestern, die Probleme waren schon anhand der Zahlen des 1. Quartals offensichtlich, doch seitdem hat sich die Lage nochmals verschlimmert. Wir hatte uns Ende Mai intensiv mit Starbucks befasst und kamen zu einem ernüchternden Urteil: „In China herrscht ein heftiger Preiskrieg beim Kaffee und es stellt sich die Frage, ob China als das auserkorene Wachstumsland wirklich (noch) die erste und beste Wahl ist. Denn Starbucks verkauft ja sehr hochpreisigen Kaffee, ein Preiskrieg verträgt sich damit gar nicht. Das Management, sowohl Narasimhan als auch Schultz als graue Eminenz im Hintergrund, zeigt sich dennoch von seiner Strategie überzeugt, aber die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Und das ist das Dilemma: Man kann auf das Management vertrauen und hoffen, dass es auch dieses Mal wieder die richtigen Antworten findet und Starbucks zurück in die Erfolgsspur bringt. Das war schon mehrfach nötig und ist mehrfach geglückt. Oder man setzt nicht auf das Prinzip Hoffnung, sondern setzt auf Rationalität und Erwartungen. Hat das Management einen konkreten und nachvollziehbaren Plan, wie man mit der Schwäche in China umgehen will? Wie soll das Problem der schrumpfenden Margen in den USA angegangen werden, wenn die Preise nicht mehr erhöht werden können und gleichzeitig massive Lohnsteigerungen vor der Tür stehen? Entscheidende Fragen, auf die das Management bisher keine überzeugenden Antworten bietet. Und deshalb ist die Skepsis der Börse nachvollziehbar, deshalb sind fallende Kurse keine Überraschung. Der Erfolgsmotor stottert und bisher schüttet das Management nicht den richtigen Treibstoff in den Tank. Das ist wenig erfolgversprechend.“ Aktivistische Investoren bringen sich in Stellung Seitdem wurde keines der benannten Probleme gelöst oder zeigt deutliche Anzeichen einer Besserung. Im Gegenteil, es geht ungebremst weiter bergab für die hinter McDonald’s zweitgrößte Fast Food-Kette der Welt und inzwischen haben sich mehrere aktivistische Investoren in Stellung gebracht, um das Management zu attackieren: Elliott Management von Paul Singer und ganz frisch Starboard Value. Einen Tag nach deren Einstieg veröffentlichte Starbucks seine Zahlen für das 2. Quartal und die fielen noch verheerender aus als befürchtet. Starbucks meldete für das 2. Quartal einen um 1% auf 9,1 Mrd. US-Dollar gesunkenen Umsatz, wobei die internationalen Umsätze mit einem Minus von 3% sogar zum zweiten Mal rückläufig waren. Der bereinigte Gewinn je Aktie lag mit 0,93 US-Dollar knapp über den – niedrigen – Erwartungen. CEO Laxman Narasimhan äußerte sich dennoch zuversichtlich über das langfristige Potenzial des Unternehmens und wies darauf hin, dass die ergriffenen Maßnahmen erste positive Tendenzen zeigen würden, auch wenn die Verbesserungen voraussichtlich schrittweise erfolgen würden. Doch da war Narasimhans Zeit bereits abgelaufen, denn Howard Schultz hatte ebenso die Geduld mit ihm verloren wie die Anleger, Investoren und Kunden. Und feuerte ihn. Ein Irrtum namens Narasimhan Es wäre zu einfach, alle Probleme nur an Narasimhan festzumachen. Er heuerte im Oktober 2022 als Interims-CEO bei Starbucks an, um dann die Nachfolge von Howard Schultz anzutreten, nachdem dieser zum dritten Mal in die CEO-Rolle geschlüpft war, um die damals schon köchelnde Krise zu beheben. Es war ein gewollter und gut vorbereiteter Machtwechsel. Narasimhan war zuvor Chief Commercial Officer von PepsiCo und CEO von Reckitt Benckiser gewesen, also keine unbekannte Größe in der Branche. Und doch hatte er kein Händchen für das Erfolgs-Franchise Starbucks. In seinen 18 Monaten als CEO fielen eine Reihe von Fehlschlägen: Zum ersten Mal seit 2020 gab es zwei Quartalsrückgänge in Folge, der Einzelhandels-Umsatz in China fiel in einem einzigen Quartal um 14%, der Umsatz im US-amerikanischen und internationalen Geschäft ging innerhalb eines Jahres um über 6% zurück, die Produktqualität ging so weit zurück, dass ein neues System eingeführt werden musste, das Transaktionsvolumen ging in nur einem Jahr um über 5% zurück, es gab anhaltende Kundenproteste und Mitarbeiter-Streiks und der Börsenkurs bzw. die Marktkapitalisierung sank in seiner Amtszeit um fast 40 Mrd. US-Dollar. Narasimhan sind die Misserfolge nicht allein anzulasten, viele begannen schon vor seinem Amtsantritt. Aber er fand kein Mittel, um die Probleme in den Griff zu kriegen. Und das ist dann doch sein Versagen und nicht schönzureden! Also griff Howard Schultz ganz tief in seine Trickkiste und zauberte ein echtes rosa Kaninchen hervor: Brian Nicoll. „Mr. Fix it“ Brian Niccol auf – erneuter – Rettungsmission Am Tag der Zahlenvorlage stieß Schultz Narasiham vom Thron und bereitete sofort einem Nachfolger den Roten Teppich. Und die Börse reagierte mit einem annähernd 20%-igen Kurssprung. Denn Niccol genießt einen exzellenten Ruf. Er kommt von der Fastfood-Kette Chipotle Mexican Grill. Die stand 2015 und 2016 mit dem Rücken zur Wand als mehrere Ausbrüche von lebensmittelbedingten Krankheiten, darunter E. coli und Norovirus, zu einem massiven Vertrauensverlust in die Marke und zu einem erheblichen Rückgang der Kundenzahlen führte. Die Co-CEOs Moran und Ells bekamen die Lage nicht in den Griff und Ende 2016 schmiss Moran hin, Ende 2017 folgte Ellis. Anfang 2018 startete Brian Niccol als alleiniger CEO, nachdem er zuvor erfolgreich Taco Bell geführt hatte. Und unter seiner Regie wurden die Probleme abgestellt, die Qualitäts-Missstände ausgeräumt, die Kunden kehrten zurück und aus dem einstigen Erfolgspfad wurde eine Autobahn: Seit seinem Amtsantritt hat Niccol den Umsatz von Chipotle annähernd verdoppelt, den Gewinn ver-7-facht. Des Weiteren hat er die Löhne erhöht, die Sozialleistungen ausgebaut und die Unternehmenskultur gestärkt. Und die Aktionäre rundum glücklich gemacht, denn der Aktienkurs legte um 800% zu. Niccol hat bewiesen, dass er es kann, und zwar in der richtigen Branche. In einer ebenfalls sehr herausfordernden Phase hat er Chipotle wieder auf Kurs gebracht, daher setzen Howard Schultz und die Starbucks-Aktionäre so große Hoffnungen auf ihn. Und auch Elliott Management hat sich bereits positiv zu der Personalie geäußert. Niccol kam selbstverständlich nicht von alleine. Starbucks versüßt ihm die sofortige Amtsübernahme mit einem fetten Willkommenspaket von bis zu 113 Mio. US-Dollar, bestehend aus Grundgehalt, Boni und Aktien. Sein jährliches Grundgehalt wird 1,6 Mio. US-Dollar betragen, zusätzlich kann er in den ersten 6 Monaten seiner Tätigkeit bei Starbucks einen Bonus von bis zu 7,2 Mio einstreichen und er bekommt eine Antrittsprämie von 10 Mio. US-Dollar. Den größten Benefit dürfte er aber aus dem Aktienoptionsprogramm einstreichen. Zum Zeitpunkt seines Amtsantritts am 9. September erhält Niccol eine Aktienzuteilung im Wert von 75 bis 80 Mio. US-Dollar und zudem hat er Anspruch auf eine jährliche Aktienzuteilung in Höhe von 23 Mio. US-Dollar. Das ist eine Menge Geld, aber für Neid-Debatten bleibt kein Platz. Da Niccol am meisten an einem steigenden Aktienkurs partizipiert, ist sichergestellt, dass er nicht zum Verwalten des taumelnden Imperiums gekommen ist, sondern zum Gestalten. Und wenn er auch nur halb so erfolgreich agiert wie bei Chipotle, ist er jeden in ihn investierten Cent mehrfach wert. |