Wie die Psychologie unsere Anlage-Entscheidungen beeinflusst!? Liebe Leserin, Lieber Leser, wie wichtig die Psychologie an der Börse ist, davon haben Sie vielleicht schon gehört. Tatsächlich verhilft die Berücksichtigung und der richtige Einsatz psychologischer Grundregeln oft zu mehr Erfolg bei der Geldanlage. Die wissenschaftliche Fachrichtung, die sich damit beschäftigt, heißt im Englischen Behaviorial Finance. Ins Deutsche übersetzt spricht man von Verhaltens-Ökonomie. Letztlich geht es dabei darum, dass ökonomische Entscheidungen in der Regel nicht rational erfolgen, sondern von Emotionen beeinflusst werden. Die klassische Wirtschaftstheorie ging noch von einem "homo oeconomicus" aus, der rational auf Basis der vorhandenen Informationen seine Entscheidungen trifft. Damit lassen sich zwar gut ökonomische Modelle aufstellen, aber reale Vorgänge in der Wirtschaft und an den Märkten lassen sich so nur selten befriedigend erklären. Irrationale Übertreibungen an den Börsen So gibt es z.B. an den Aktienmärkten oftmals irrationale Übertreibungen. Gefühle wie Gier oder die Angst etwas zu verpassen können Kurse stärker steigen lassen, als es ökonomisch gerechtfertigt wäre. Die Übertreibungen während der Internetblase Ende der 1990er und Anfang er 2000er Jahre sind dafür ein Beispiel. Aber auch vor der Finanzkrise 2008 wurden Risiken von vielen einfach beiseitegeschoben – auch von Profi-Anlegern. Anschließend – also in den Jahren 2002/2003 und 2009 – gab es dann starke Kursrückgänge an den Börsen. In diesen Phasen kam es zu einer negativen Übertreibung, denn viele Anleger verkauften aus Angst vor noch stärkeren Kursverlusten. Das ließ die Kurse stärker fallen, als es gerechtfertigt gewesen wäre. Das zeigt der darauf folgende starke Kursanstieg. Im langfristigen Chart des DAX sind die entsprechenden Hochpunkte und Tiefpunkte markiert: Angst und Gier sind also Gefühle bzw. Emotionen, die das Verhalten der Anleger beeinflussen und Kursbewegungen an den Märkten ins Irrationale verzerren können. Aber die meisten Anleger haben vermutlich auch individuell schon solche Erfahrungen gemacht. Dabei will sich vermutlich kaum jemand zugestehen, dass Angst oder Gier die eigenen Entscheidungen beeinflussen. Tatsächlich ist das Ganze etwas komplexer, denn statt um Gier geht es oft um die Furcht davor Chancen zu verpassen, wenn anscheinend alle anderen Gewinne machen. Einige der häufigsten Fehler, die nicht nur bei der Aktien-Anlage begangen werden, sind: 1. Der Angst vor Verlusten wird zu großer Raum gegeben. Doch Verluste gehören nicht nur bei der Aktien-Anlage dazu. Auch ein langfristiges Aktien-Depot kann einmal ins Minus rutschen. Dann gilt es die Nerven zu behalten. Allerdings müssen die einzelnen Aktien-Positionen im Depot regelmäßig überprüft werden, jedoch unabhängig davon, ob sie im Minus oder im Plus notieren. Mein Tipp: Stellen Sie sich bei jeder einzelnen Aktie in Ihrem Depot immer die Frage ist: Sehe ich langfristig gute Chancen für die Aktie, würde ich sie jetzt noch kaufen? 2. Die eigenen Analysen und Entscheidungen folgen zu oft der Masse. Die Masse hat aber nicht immer Recht. Gerade Angst und Gier sind Emotionen, die nicht selten die Gesamtheit der Anleger erfassen. Steigen die Aktien-Kurse über längere Zeit, dann wird häufig nur noch positiv über Aktien berichtet. Immer mehr Anleger schieben in solchen Phasen ihre Bedenken beiseite und schätzen die Risiken nicht mehr richtig ein. Nach einem starken Kursrutsch werden dagegen häufig nur noch die Risiken gesehen, nicht mehr die Chancen. Mein Tipp: Seien Sie skeptisch, wenn in den Nachrichten und in den Kommentaren nur noch eine Sichtweise vorherrscht. Versuchen Sie unabhängige Entscheidungen zu treffen. 3. Zu großes Selbstvertrauen verhindert die Korrektur falscher Entscheidungen. Jeder macht Fehler, doch sich das selbst einzugestehen, fällt vielen schwer. Das führt dazu, dass Fehlentscheidungen häufig nicht – oder zu spät korrigiert werden. Bei der Aktien-Anlage kann das dazu führen, dass Aktien, die ins Minus gelaufen sind, einfach liegen gelassen werden, in der Hoffnung, dass sie irgendwann wieder steigen. Mich erreichen oft Fragen zu abgestürzten Aktien von Anlegern, die dort besonders große Chancen sehen. Dahinter steckt der Glaube, es besser zu wissen als die anderen Anleger. Mein Tipp: Lassen Sie sich in Ihrem Urteil nicht davon beeinflussen, ob eine Aktie im Minus oder im Plus notiert. Verkaufen Sie lieber einmal eine Aktie mit Verlust und investieren Sie das Geld in eine aussichtsreichere Aktie. 4. Messen Sie den aktuellen Ereignissen bei Ihren Entscheidungen nicht zu große Bedeutung bei. Diesen Punkt muss ich wohl etwas näher erklären: Dem bekannten Psychologen Daniel Kahneman zufolge sind unsere Entscheidungen stärker von Erfahrungen und allgemeinen Prinzipien beeinflusst als von strikten Regeln. Ihm zufolge führt das zu „Störgeräuschen“ (Noise), die unsere Entscheidungen auf irrationale Art bestimmen. Mit anderen Worten: Wir entscheiden heute so und morgen so, je nachdem welcher Aspekt für uns gerade im Vordergrund steht. Für die Geldanlage sind das keine guten Voraussetzungen, denn das würde bedeuten, dass wir jede Anlageentscheidung täglich neu bewerten. Das würde uns überfordern und wäre nicht zielführend. Kahneman liefert mit seinen Studien den Beweis dafür, was gute Anleger und auch Trader immer schon wussten: Es ist wichtig, Entscheidungen nach strikten Regeln zu treffen und sich dann auch an den Plan zu halten. Mein Tipp: Seien Sie sich genau bewusst, was Ihre Anlageziele sind. Wenn Sie z.B. langfristig in eine Aktie investieren, dann dürfen die aktuellen Quartalsberichte des jeweiligen Unternehmens keine allzu große Rolle spielen, auch wenn diese die Nachrichten dominieren. Mein Fazit Der Einfluss der Psychologie auf die eigenen Entscheidungen lässt sich nicht ganz ausschalten. Meinen Tipps werden zwar viele leicht zustimmen, sie im Alltag zu beherzigen, ist dann aber ungleich schwerer. Auch weil es immer Grauzonen gibt. So ist es z.B. gut, an seinem Plan als Anleger festzuhalten, aber wenn Konsequenz zur Sturheit und zum Ignorieren neuer Umstände führt, dann verkehrt es sich ins Negative. Doch es ist wichtig zu wissen, dass die Art und Weise wie wir denken häufig zu irrationalen und falschen Entscheidungen führt. Sich immer wieder einige Grundregeln wie die oben genannten in Erinnerung zu rufen, kann daher den Erfolg bei der Geldanlage entscheidend verbessern. |