Von Thomas Tuma
● Annäherung in Brandenburg |
● Großer Knall in Wolfsburg |
● Star-Besuch in New York |
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Liebe Leserin, lieber Leser, am nächsten Dienstag ist US-Wahl. Genau eine Woche noch! Leider können sieben Tage sehr lang werden, wenn man wie die beiden Präsidentschaftskandidaten nur noch durch den Morast stolpert, mit dem der jeweilige Konkurrent gerade wirft. Kamala Harris beschimpft ihren Kontrahenten mittlerweile als „Loser“ und „Faschisten“. Donald Trump attackiert seine Gegnerin wahlweise als „irre“, „geistesgestört“ oder „Scheiß-Vizepräsidentin“. Und ich ertappe mich bei dem Fremdscham-Gedanken: Ebenso, wie ich hierzulande Neuwahlen herbeisehne, wäre ich froh, wenn dieser Wahlkrampf bald ein Ende hätte. Weil er kein Austausch von noblen Argumenten und hehren Zielen ist, sondern lediglich Schlammcatchen vor Millionenpublikum. Man muss sich nur anschauen, wer auf den letzten Metern da als Unterstützung aus den Kulissen gezerrt wird von Trump (Gattin Melania, Hulk Hogan etc.) und Harris (Beyoncé, Eminem etc.) Ich warte noch auf Micky Maus, Ronald McDonald und Captain America. Wer ist für die Exzesse verantwortlich? Wer wird da von wem getrieben bis getriggert, immer noch einen draufzusetzen? Sind wir Medien schuld an diesem Spektakel aus Hysterie und Dauerempörung? Oder bedienen wir nur, was an Show-Nachfrage eben besteht? Wer macht da wen? Oder regieren eh längst Demoskopie und Algorithmus? |
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| US-Präsidentschaftskandidaten Trump und Harris (© imago images / EPA) |
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Ich weiß natürlich, dass fast alles aus den USA mit ein paar Jahren Verspätung auch bei uns landet. Aber jetzt ist vielleicht die letzte Chance, sich dem zu entziehen, weshalb ich aus den täglichen Aus-, Un- und gegenseitigen Überfällen in den USA für unsere spätestens im Herbst 2025 stattfindende Bundestagswahl drei Lehren ziehen möchte: Als Bürger, Wähler, Zuschauer sollten wir uns wieder an Inhalten orientieren, nicht an der Lautstärke der persönlichen Angriffe. Es wird doch sonst so tapfer für Demokratie gekämpft. Wie soll unser Nachwuchs denn noch sowas wie Anstand und Respekt lernen, wenn das die Vorbilder sind? Auch Umgangsformen sind wichtig. Auch gegenseitiges Zuhören. Auch die Ambiguitätstoleranz, dass jemand anderes ebenfalls mal recht haben könnte. Wir Medien sollten die Spaltungs-Exzesse nicht mehr mitmachen, auch wenn sie sich als Nachrichtenlieferanten tarnen und Aufmerksamkeit ebenso generieren wie garantieren. Bisschen weniger eigene Haltung, bisschen mehr pragmatische Distanz täte uns allen gut. Und wir sollten die Echokammern der sozialen Netzwerke stärker hinterfragen. Bei X etwa kriege ich selbst nur noch schlechte Laune. Man kann dort quasi ohne Fremdeinwirkung an den eigenen Empörungsritualen ersticken. Wer aber immer nur schreit, hat irgendwann keine Luft mehr zum Diskutieren. Und das wäre doch schade, oder? Welche Tipps haben Sie noch für ein zwar kritisches, aber konstruktives Miteinander? Mailen Sie mir Ihre Gedanken: [email protected] |
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| SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke und Brandenburgs BSW-Chef Robert Crumbach (© dpa) |
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Konkrete Koalitionsverhandlungen mit BSW starten |
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SPD und CDU beginnen in Thüringen und Brandenburg Koalitionsverhandlungen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). In beiden Bundesländern konnten sich die Parteien auf gemeinsame Formulierungen zu dem umstrittenen Thema Krieg in der Ukraine und zu Waffenlieferungen einigen. Der Kompromiss in Brandenburg von SPD und BSW: „Wir sind übereingekommen, dass wir uns dafür einsetzen, eine diplomatische Lösung des Ukrainekonflikts voranzutreiben”, heißt es im Sondierungspapier. Vor diesem Hintergrund sehe man „die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen auf deutschem Boden kritisch”. Der Kompromiss in Thüringen von CDU, SPD und BSW beinhaltet keine Ablehnung von Waffenstationierungen. Allerdings heißt es auch da: „Im Rahmen der europäischen und bundesstaatlichen Ordnung unterstützen wir alle diplomatischen Initiativen, den von Russland gegen die Ukraine entfesselten Angriffskrieg zu beenden.” Die drei Parteien betonen zudem unterschiedlichen Positionen in der Friedenspolitik In zwei der drei Bundesländer, wo im Herbst gewählt wurde, starten nun Koalitionsverhandlungen. Nur in Sachsen wird um diesen Schritt noch gerungen. Zuletzt sind die Gespräche von CDU und SPD mit dem BSW ausgesetzt worden, weil BSW-Abgeordnete im Landtag für einen Antrag der AfD gestimmt hatten. Die Treffen sollen noch diese Woche wieder aufgenommen werden. |
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| VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo und Thorsten Gröger, IG Metall (© dpa) |
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Die Lage bei VW spitzt sich zu |
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Bei Volkswagen bricht der Konflikt zwischen Gesamtbetriebsrat und Konzernführung nun offen aus. Gestern konfrontierte der VW-Betriebsrat unter Daniela Cavallo die Belegschaft an allen deutschen Volkswagen-Standorten mit den Spar- und Umbauplänen des Vorstands. Laut Cavallo sollen mindestens drei Werke geschlossen und zehntausende Stellen gestrichen werden. Auch in den verbleibenden Werken seien Jobverluste zu befürchten. Auf die übrigen VW-Angestellten kämen Lohnkürzungen zu. Alle deutschen VW-Werke, sagte Cavallo, seien „von diesen Plänen betroffen. Keines ist sicher!“ Den Vorstand um Porsche- und VW-Chef Oliver Blume ging die Gesamtbetriebsratschefin massiv an: „Das ist der Plan des größten deutschen Industriekonzerns, in seiner Heimat Deutschland den Ausverkauf zu starten“, sagte Cavallo. Das Unternehmen steht seit Monaten unter Druck. Vor allem die Kernmarke VW verkauft zu wenig Autos und lastet ihre Werke in Deutschland nicht aus. Gleichzeitig fehlen die früheren Gewinne aus China, wo lokale Konkurrenz vor allem im E-Autogeschäft VW schwer zusetzt. Experten wie Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch-Gladbach sagen, Volkswagen müsse die Kosten senken: „Aber das reicht natürlich nicht – auch auf der Produktseite muss sich VW neu und viel flexibler aufstellen.“ |
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| Die Börse Nasdaq in New York (© imago images) |
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So geht's den USA ökonomisch |
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Bruttoinlandsprodukt 2023: 27,3 Billionen US-Dollar Wirtschaftswachstum Q3: 4,9 % Verschuldung: 35,26 Billionen Dollar (123 Prozent der Wirtschaftsleistung) Arbeitslosenquote: 3,9 Prozent Inflationsrate: 2,5 Prozent Dafür steht Harris: Anders als bei ihrer gescheiterten Kandidatur 2019 liegen Harris‘ wirtschaftspolitische Vorschläge nicht mehr im linken Spektrum ihrer Partei. Stattdessen steht sie in den meisten ökonomischen Feldern für eine Kontinuität der Biden-Präsidentschaft und verfolgt ein Programm der Mitte, das aber nicht vor Steuererhöhungen auf hohe Gehälter oder aktiven Eingriffen in die Wirtschaft zurückschreckt. Dafür steht Trump: Schon in seiner ersten Amtszeit konzentrierte sich Trump auf die Handelspolitik. Durch die Einführung von Zöllen provozierte er Konflikte mit China und der EU. Für seine zweite Amtszeit plant Trump sogar einen grundsätzlichen Zoll von 20 Prozent auf alle ausländischen Produkte und von 60 Prozent auf chinesische. Er verspricht zudem, die auslaufenden Steuersenkungen für alle Amerikaner zu verlängern – anders als Harris, die die vermögenden Amerikaner stärker belasten möchte. Folgen für Deutschland: Ökonomen vom Ifo-Institut warnen mit Verweis auf die Zölle, dass ein Wahlsieg Trumps erhebliche Konsequenzen für die deutsche Industrie haben könnte, besonders für Auto- und Pharmabranche. Ein Sieg von Harris wäre einer Analyse des ZEW in Mannheim zufolge besser für Deutschland. Die Ökonomen werteten die Einschätzungen von 189 Finanzmarktexperten aus. 45 Prozent erwarten im Falle einer Harris-Präsidentschaft stärkeres deutsches Wirtschaftswachstum, bei Trump sind es nur sieben Prozent. |
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600.000 russische Soldaten sind seit 2022 laut Nato getötet worden. „Putin ist nicht in der Lage, seinen Angriff auf die Ukraine ohne ausländische Unterstützung aufrechtzuerhalten“, so Generalsekretär Mark Rutte über den bevorstehenden Einsatz nordkoreanischer Soldaten auf russischer Seite. |
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| Castor-Behälter im deutschen Zwischenlager Ahaus (© dpa) |
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Schweden baut ein Endlager |
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Die Regierung von Schweden will zügig ihren Atommüll entsorgen. Ein Gericht genehmigte nun das bereits 2022 beschlossene Projekt. In Forsmark, etwa 130 Kilometer nördlich von Stockholm, sollen rund 12.000 Tonnen radioaktiver Abfall versenkt werden. 500 Meter tief. Bis zu 100.000 Jahre lang. In Deutschland kommt die Suche nach dem Standort für eine sichere Deponie nur sehr langsam voran. Bis 2031 sollte eine Lösung gefunden sein. Doch ein Gutachten des Öko-Instituts, das die Bundesregierung in Auftrag gegeben hatte, rechnet vor, dass die Erkundungen frühestens 2074 abgeschlossen sein dürften. Noch sind in Deutschland 90 Gebiete ausgewiesen, die günstige geologische Voraussetzungen bieten. Ein Verbund deutscher Anti-Atom-Organisationen legte gestern einen „Sorgenbericht“ vor: Fässer würden rosten. In den Zwischenlagern sei die Sicherheit nicht gewährleistet. Genehmigungen würden fehlen. Das bislang einzige Endlager der Welt liegt unterhalb der finnischen Insel Olkiluoto und dürfte 2025 in Betrieb gehen. Proteste gibt es dort keine. Die Gemeinde freut sich über die Steuereinnahmen und die langfristig sicheren Arbeitsplätze. Auf der Insel sind zudem drei Kernreaktoren in Betrieb. |
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Was Sie zur E-Patientenakte wissen müssen |
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Im Januar wird die elektronische Patientenakte (ePA) angelegt. Alle gesetzlich Krankenversicherten bekommen eine – außer sie legen Widerspruch ein. Das ist bis Januar bei Ihrer Krankenkasse möglich. Die wichtigsten Infos im Überblick: Was ist die ePA? Sie speichert künftig alle Befunde, Rezepte, Arztbriefe und weitere Gesundheitsdaten digital. Wie funktioniert die ePA? Versicherte können per Smartphone-App zugreifen. Ärzte befüllen sie vom Praxiscomputer aus. Die Daten werden auf Servern in Deutschland gespeichert und verschlüsselt. Was sind die Vorteile? Die ePA soll die Kommunikation vereinfachen. Zum Beispiel können Ärzte direkt einsehen, welche Medikamente ein Patient bereits von anderen Ärzten bekommen hat. Und Versicherte bekommen einen besseren Überblick über ihre Daten. Was sind die Nachteile? Das Risiko von Datenklau und Hackerangriffen lässt sich nie ganz ausschließen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) betont aber, die Daten seien bestmöglich geschützt. |
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Gewinner: Eigentlich wollte Miles Mitchell, 21, (Foto) nur einen Doppelgänger-Wettbewerb als Timothée Chalamet gewinnen. Preisgeld: 50 Dollar. Dass der 28-jährige Kino-Weltstar („Wonka”, „Dune”) dann selbst auftauchen würde, hatte der Student sich kaum träumen lassen. Nach Chalamets Zufalls-Besuch wuchs die Fan-Menge so schnell an, dass die Polizei den Washington Square Park räumen lassen musste. | |
Verlierer: Nach der krachenden 0:4-Niederlage gegen den Landesrivalen Barcelona am Samstag zeigten sich Topstar Vinícius Júnior, 24, und sein Fußballverein Real Madrid am Montagabend auch noch als schlechte Verlierer. Vini Jr. galt als einer der Favoriten für den Welt-Fußballpreis Ballon d’Or, ging aber leer aus. Madrid strich nach Bekanntwerden des Flops im Vorfeld einen für 50 Personen angesetzten Sonderflug und schwänzte die Veranstaltung komplett. Prädikat: unsportlich. | |
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... noch eine gute Nachricht: Die Stimmung im Land hat sich seit den dunklen Corona-Jahren wieder merklich verbessert. Zu diesem Ergebnis kommt der „Monitor Wohlbefinden“, den das Institut für Bevölkerungsforschung heute in Wiesbaden vorstellt. Okay, es gibt natürlich weiterhin Unterschiede. Vereinfacht gesagt: Der Süden ist ein bisschen glücklicher als der Norden. Wer Geld hat, fühlt sich wohler. Städte gelten vor allem dann als schön, wenn sie grün sind. Aber ich hatte sofort bessere Laune bei dem Gedanken: So schlecht kann’s uns ja noch nicht gehen, wenn wir uns ein Institut leisten, das landauf, landab unser „subjektives Wohlempfinden“ analysiert, oder? Darauf ein Emoji: 😊 | | Glückauf! | | Thomas Tuma |
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