Liebe Frau Do, heute erreicht Sie die „Stimme des Westens“ zum letzten Mal im alten Jahr. Fangen wir mit den jungen Menschen an: Im Corona-Jahr 2020 wurden sie oft vergessen, wenn es um Maßnahmen ging. Oder verdächtigt, wenn es um Ansteckungen ging. Oder belächelt, wenn es um ihre Freizeitbedürfnisse ging. Aber was wünschen sie sich für 2021? Julia Rathcke hat mit zehn Kindern und Jugendlichen gesprochen, und ihre Protokolle beschäftigen mich. Denn die Generation Corona sollte am Ende nicht für schulische Defizite und verpasste Chancen stehen, sondern für Zuversicht und Tatkraft. Um das zu erreichen, steht den jungen Menschen selbst, aber vor allem auch ihren Eltern, den Schulen und den zuständigen Behörden noch ein großer Kraftakt bevor. Und was wünschen Sie sich fürs neue Jahr? Stellen Sie sich lieber nicht darauf ein, dass der harte Lockdown wie zunächst angekündigt, am 10. Januar, also in gut einer Woche endet, empfiehlt Gregor Mayntz in seinem Leitartikel. Und das Impfen kommt ja auch erst nach und nach in Gang. Trotzdem schaut der Chefvirologe der Düsseldorfer Uni-Klinik, Jörg Timm, optimistisch ins neue Jahr, wie er Jörg Isringhaus in einem ausführlichen Interview erläutert hat. Lassen wir also die schlechten Nachrichten hinter uns. Martin Kessler argumentiert in seiner Analyse, warum 2021 das Jahr ist, in dem wir Corona besiegen. Was in der Wirtschaft im neuen Jahr besser laufen wird als im alten, hat Antje Höning zusammengefasst. Und warum das alte Jahr besser war als sein Ruf und was wir für das neue daraus lernen können, habe ich versucht, in einem längeren Silvester-Text zusammenzufassen. 2020 stand dank der Pandemie vor allem für Ungewissheit, Angst, Leid und Not. Aber bestimmt war es auch von einem geradezu historischen guten Vorsatz, meine ich: dass nämlich die Mehrheit der Deutschen drastische Einschränkungen in Kauf genommen hat, um eine Minderheit – die sogenannten vulnerablen Gruppen – vor Krankheit zu bewahren. Zu Silvester gilt es diesmal nicht nur, die bösen Geister zu vertreiben, sondern diesen guten, gelebten Vorsatz ins neue Jahr zu retten. Böse Geister – das sind ökonomisch gesehen die neuen Milliardenschulden, die der Staat im Kampf gegen Corona aufgenommen hat. Dennoch hält Bundesbank-Präsident Jens Weidmann die getroffenen wirtschaftlichen Maßnahmen für vertretbar. „Die Summen, um die es hier geht, sind beeindruckend und für manche beängstigend. Aber es war richtig, beherzt einzugreifen, damit die Wirtschaft nicht in eine Abwärtsspirale gerät“, sagt er in einem Interview, das Kerstin Münstermann und ich gemeinsam per Video-Schalte geführt haben. Er wäre nicht Jens Weidmann, wenn er nicht auch ein mahnendes Wort an die Politik richtet, die sich nicht darauf verlassen dürfe, „dass die Notenbanken die Zinsen für immer niedrig halten werden“. Ich schätze die Gespräche mit ihm, seitdem ich ihn das erste Mal vor bald 15 Jahren getroffen habe. Angela Merkel hatte ihn gerade fürs Kanzleramt bei der Bundesbank abgeworben, zu der er später als Chef zurückkehrte. Für den Tagesspiegel durfte ich damals die Bundeskanzlerin zu George W. Bush ins Weiße Haus begleiten, und vor dem Abflug fiel mir ein junger Mann mit weichen Gesichtszügen auf, der unschlüssig war, wo es zur Regierungsmaschine geht. Wir kamen ins Gespräch, es war Jens Weidmann, damals gerade erst 38. Über die Jahre sind wir uns immer wieder begegnet. Mich hat an dem gebürtigen Solinger stets fasziniert, wie sich intellektuelle Brillanz mit totaler Uneitelkeit verbindet. Aber ich möchte Ihnen ein weiteres Interview empfehlen, das Maximilian Plück mit dem Präsidenten des NRW-Landtags, André Kuper, geführt hat. Es zeigt aus meiner Sicht, wie wichtig es ist, in der Krise starke, selbstbewusste Parlamente zu haben. „Das Virus ist eine demokratische Zumutung. Natürlich haben auch wir Fehler gemacht und dazu gelernt. Aber alle Staatsgewalten haben funktioniert“, sagt der protokollarisch ranghöchste Vertreter des bevölkerungsreichsten Bundeslandes. Ja, er hat recht – das Virus ist eine Zumutung, und wir alle haben in diesem Jahr viel gelernt. Wenn es Ihnen damit erstmal reicht, kann ich Ihnen noch einen fröhlichen Kurzkrimi ans Herz legen, den die bekannten Düsseldorfer Krimicops Carsten Vollmer, Ingo Hoffmann, Carsten Rösler und Klaus Stickelbroeck exklusiv für unsere Leserinnen und Leser geschrieben haben. Es geht um einen Silvesterkarpfen, der am Ende der Geschichte „Blubb“ sagt. Am Ende dieser Newsletter-Ausgabe bleibt mir nur, Ihnen einen wunderbaren Start ins neue Jahr zu wünschen. Schwimmen wir uns frei! Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |